RVG VV Nr. 3104
Leitsatz
Wird die Klage nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens und Eingang der Klageerwiderung vor Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung zurückgenommen, fällt eine Terminsgebühr des Prozessbevollmächtigten nicht an. Nach dem Wortlaut der Abs. 1 Nr. 1 zu der Nr. 3104 VV entsteht die Terminsgebühr nur für solche Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn das Gericht nach seinem Ermessen aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil oder ohne eine solche durch Beschluss entscheiden kann. Deshalb greift Abs. 1 Nr. 1 zu der Nr. 3104 VV bei Beschlüssen, die gem. § 128 Abs. 3 u. 4 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen können, nicht ein. Dies ist bei Kostenentscheidungen nach Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 3 u. 4 ZPO der Fall.
OLG Naumburg, Beschl. v. 17.4.2013 – 12 W 36/13
1 Sachverhalt
Mit Einzelrichterbeschluss wurden der Klägerin die Kosten des Verfahrens gem. § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO auferlegt, nachdem die Klägerin die Klage auf die Klageerwiderung noch vor Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung zurückgenommen hatte. Die Rechtspflegerin hat daraufhin die von der Klägerin den Beklagten zu erstattenden Kosten antragsgemäß festgesetzt und hierbei u.a. eine Terminsgebühr des Prozessbevollmächtigten der Beklagten in Höhe zugrunde gelegt. Nach Auffassung der Rechtspflegerin entstehe die Terminsgebühr auch, wenn das Gericht im schriftlichen Vorverfahren entscheide.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss enthaltene Terminsgebühr, da eine solche voraussetze, dass eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben sei. Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Das OLG hat der sofortigen Beschwerde stattgegeben.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet. Den Beklagten steht ein Anspruch auf Erstattung der Terminsgebühr gem. § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht zu, da ihrem Prozessbevollmächtigen keine Terminsgebühr entstanden ist. Nach dem Wortlaut der Anm. Abs. 1 Nr. 1 VV zu Nr. 3104 VV entsteht die Terminsgebühr nur für solche Verfahren, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn das Gericht nach seinem Ermessen aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil oder ohne eine solche durch Beschluss entscheiden kann. Deshalb greift Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV bei Beschlüssen, die gem. § 128 Abs. 3 u. 4 ZPO ohne mündliche Verhandlung ergehen können, nicht ein (z.B. BGH NJW 2008, 668 [= AGS 2007, 610]). Dies ist bei Kostenentscheidungen nach Klagerücknahme gem. § 269 Abs. 3 und 4 ZPO der Fall (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, Rn 24 zu Nr. 3104 VV).
3 Anmerkung
Begründung falsch – Ergebnis richtig.
Im Zivilprozess ist eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben (§ 128 Abs. 1 ZPO), also handelt es sich um ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung. Das schriftliche Vorverfahren ist kein Verfahren i.S.d. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV, sondern nur eine Verfahrensgestaltung innerhalb des Zivilprozesses.
Eine Terminsgebühr ist aber dennoch nicht entstanden, weil die Entscheidung über die Kosten ohne mündliche Verhandlung hier nicht der Zustimmung der Parteien bedurfte, sondern das Gericht auch ohne deren Zustimmung, sogar gegen deren Willen ohne mündliche Verhandlung entscheiden darf (§ 128 Abs. 3, 4 ZPO).
Norbert Schneider
AGS 3/2014, S. 118 - 119