RVG VV Nr. 2300 RVG § 14 Abs. 1

Leitsatz

Eine höhere als eine 1,3-Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche Tätigkeit bei einem Kapitalanlagefall kann im Regelfall nicht verlangt werden; dies insbesondere auch dann nicht, wenn Ansprüche nur dem Grunde nach geltend gemacht werden und diese noch nicht beziffert sind.

OLG Stuttgart, Hinweisbeschl. v. 9.9.2013 – 5 U 102/13

1 Sachverhalt

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadenersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung- bzw. Anlagevermittlung bezüglich einer Kapitalanlage in Anspruch, insbesondere wegen unzureichender Risikoaufklärung. Zudem verlangt sie den Ersatz ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe einer 1,35-Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV. Das LG hat lediglich eine 1,3-Geschäftsgebühr zugesprochen.

Dagegen wendet sich die Klägerin u.a. mit ihrer Berufung. Die Bemessung unterliege billigem Ermessen des Rechtsanwalts unter Berücksichtigung von Bedeutung, Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Diese seien hier erhöht, da Unterlagen der Partei zu sichten gewesen seien und eine Besprechung mit der Partei erforderlich gewesen sei, um diese über die rechtliche Situation und die daraus resultierenden Möglichkeiten aufzuklären. Auch handele es sich um einen äußerst komplexen Sachverhalt mit umfangreichem Bezug zur BGH-Rspr.

Das OLG hat darauf hingewiesen, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe.

2 Aus den Gründen

Auch soweit das LG eine Geschäftsgebühr nur mit 1,3 statt mit 1,35 angesetzt hat, ist dies nicht zu beanstanden.

Die Schwellengebühr von 1,3, die das LG zugrunde legt, entspricht gem. § 14 Abs. 1 RVG i.V.m. Nr. 2300 VV der Regelgebühr für Normalfälle, die nur bei umfangreichen und schwierigen Fällen überschritten werden kann. Eine Überschreitungstoleranz von 20 % gibt es nicht (BGH, Urt. v. 26.3.2013 – XI ZR 345/10 [= AGS 2013, 252], Urt. v. 5.2.2013 – VI ZR 195/12 [= AGS 2013, 111] u. Urt. v. 11.7.2012 – VIII ZR 323/11 = NJW 2012, 2813 [= AGS 2012, 373]; anders noch BGH, Urt. v. 8.5.2012 – VI ZR 273/11 = VersR 2012, 1056 [= AGS 2012, 220]).

Besondere Schwierigkeiten oder ein außergewöhnlicher Umfang des Falles sind im Streitfall nicht erkennbar; dass ein mündliches Mandantengespräch stattgefunden hat, entspricht dem Regelfall.

Anzumerken ist dabei, dass im Rahmen der außergerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche eine Schadensberechnung nicht erfolgt und deshalb kein damit verbundener Aufwand angefallen ist.

Ob – worauf es nach der Rspr. des BGH für die Angemessenheit der Gebühr auch ankommen kann (Urt. v. 26.3.2013 – XI ZR 345/10 [= AGS 2013, 252]) – die Klägervertreter andere Anleger in Parallelverfahren vertreten haben, bedarf bei dieser Sachlage keiner Klärung.

AGS 3/2014, S. 118

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