RVG § 3a, 34 RVG VV Nr. 2300
Leitsatz
- Zur Vereinbarung einer Abrechnung auf Stundenlohnbasis, wenn der Rechtsanwalt nur den Auftrag erhält, ein internes schriftliches Gutachten zu erstellen und keine umfassende Geschäftsbesorgung vorzunehmen.
- Erhält der Rechtsanwalt nach einer internen Gutachtenerstattung vom Mandanten einen Anschlussauftrag zu einer Geschäftsbesorgung im Außenverhältnis, muss er den Mandanten darauf hinweisen, dass er für diese Tätigkeit nach Gegenstandswert abzurechnen gedenkt, wenn für die Gutachtenerstattung zuvor eine Vergütung und Stundensatz vereinbart war. Unterbleibt der Hinweis, verstößt der Rechtsanwalt gegen Treu und Glauben, wenn er vom Mandanten die Bezahlung einer nach Gegenstandswert berechneten Honorarforderung verlangt, weil er diese wegen des Verstoßes gegen die Hinweispflicht zurückzuerstatten hätte.
- Erhält der Rechtsanwalt nur den Auftrag, ein schriftliches Gutachten i.S.d. § 34 Abs. 1 S. 1 RVG zu erstellen und keine umfassende Geschäftsbesorgung vorzunehmen, so kann die Vergütung zwischen den Parteien frei vereinbart werden, ohne dass die Textform zu beachten ist. Dabei führt eine fehlende Festsetzung der Stundensatzhöhe nicht zur Unwirksamkeit einer mündlich getroffenen Vereinbarung einer Abrechnung auf Stundenlohnbasis.
OLG Hamm, Urt. v. 11.10.2012 – 28 U 88/11
1 Sachverhalt
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung von Anwaltshonorar für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit einem Projekt "T L".
Die Beklagte ist eine Tochter der H Bank mit Sitz in C. Die Beklagte ist an der Realisierung von Windkraftanlagen und Solarparks beteiligt.
Anfang 2010 erwog die Beklagte eine Mitwirkung an dem Ausbau eines Solarparks, der bereits 2008 auf einigen Teilflächen eines ehemaligen Fliegerhorstes bei L (T-B) errichtet worden war. Die Realisierung weiterer Ausbaustufen stand – abgesehen von wirtschaftlichen Erwägungen – auch aus rechtlichen Gründen in Frage, weil für Sommer 2010 eine Novellierung des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) erwartet wurde.
Eine Einspeisevergütung sollte dann nach § 32 EEG nur noch gezahlt werden, wenn der geplante Standort als "Konversionsfläche" anzusehen war, bei der eine vorangegangene militärische Nutzung ökologisch sinnvoll durch eine Nutzung zur Energiegewinnung ersetzt wird. Die rechtliche Einordnung als Konversionsfläche war hier insofern fraglich, weil das Gelände zwar zu DDR-Zeiten als Fliegerhorst genutzt worden war, zwischenzeitlich jedoch auch zu landwirtschaftlichen Zwecken.
Vor diesem Hintergrund nahm die Beklagte Kontakt zu dem Kläger auf, der sich als Rechtsanwalt auf Fragen des Umwelt- und Energierechts spezialisiert hat. Die Kontaktaufnahme vollzog sich dergestalt, dass der für die Beklagte seinerzeit als Beteiligungsmanager tätige Zeuge F im Februar 2010 bei dem Kläger anrief und sich anschließend persönlich mit ihm in I traf. Der Zeuge F2 erläuterte dem Kläger, dass eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme zu der Frage benötigt werde, ob die weitere Ausbaufläche in L als Konversionsfläche i.S.d. EEG anzusehen sei. Der Zeuge stellte dem Kläger dafür das Rechtsgutachten eines Prof. Dr. N zur Verfügung, das dieser am 1.8.2009 für die F AG ebenfalls zu der Frage erstellt hatte, ob der ehemalige Fliegerhorst eine Konversionsfläche darstelle. Sodann händigte der Zeuge F2 dem Kläger einen Bebauungsplan der Stadt L und einen Lageplan aus. Des Weiteren ließ der Zeuge F2 den Kläger eine Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnen.
Der genaue Inhalt des dem Kläger letztlich erteilten Anwaltsmandats und vor allem auch die Frage, was hinsichtlich der Vergütung vereinbart wurde, ist zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger erstellte jedenfalls wunschgemäß am 22.2.2010 ein (Zusatz-) Gutachten zur Frage der Vergütungsfähigkeit der geplanten Photovoltaik-Anlage in L gem. § 32 EEG, mit dem er sich im Ergebnis mit 80 %iger Wahrscheinlichkeit für die Annahme einer Konversionsfläche aussprach, im Übrigen aber eine Kommunikation mit dem Energieversorger empfahl, der die Einspeisevergütung würde zahlen müssen.
Im Nachgang wandte sich der Zeuge F2 per E-Mail v. 23.2.2010 an den Kläger. Er kündigte an, die Wirtschaftlichkeit des Projekts müsse auch vor dem Hintergrund des hohen Pachtzinses besprochen werden. Aus diesem Grund wurde Anfang März 2010 eine Telefonkonferenz anberaumt unter Beteiligung von Mitarbeitern der Beklagten sowie der Unternehmen C2, S und F. Der Kläger wurde als "Rechtsbeistand" der Beklagten ebenfalls an der Telefonkonferenz beteiligt.
Noch im März 2010 wurde bei der Beklagten intern entschieden, sich nicht an dem Solarpark L zu beteiligen. Diese Entscheidung wurde dem Kläger Anfang Juni 2010 mitgeteilt.
Mit Schreiben v. 14.6.2010 machte der Kläger seine Honorarforderung gegenüber der Beklagten geltend und führte dazu aus: Der Gegenstandswert richte sich nach dem wirtschaftlichen Wert des Solarparks. Dieser belaufe sich auf 45 Megawatt * 2,50 EUR pro Watt/peak = 112.500.000,00 EUR. Er nehme aber zugunsten der Beklagten eine Reduzierung des Gegenstandswertes auf...