Einführung
Zur Vereinfachung des Rechtsverkehrs innerhalb der EU sind inzwischen zahlreiche Verordnungen ergangen. Sie sehen oftmals vor, dass aus Titeln, die in anderen Mitgliedsstaaten ergangen sind, in Deutschland vollstreckt werden kann, ohne dass es einer besonderen Vollstreckbarerklärung bedarf. Gleiches gilt umgekehrt auch für deutsche Titel, die in anderen EU-Mitgliedsstaaten vollstreckt werden sollen.
Im Folgenden soll kurz auf die wichtigsten EU-Verordnungen, die sich auf Zahlungsansprüche beziehen, und auf die Kosten, die in diesen Verfahren entstehen, eingegangen werden.
A. Anerkennung und Vollstreckung nach der Brüssel-Ia-Verordnung
I. Anwendungsbereich
An die Stelle der Brüssel-I-Verordnung ist zum 10.1.2015 die Brüssel-Ia-Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen getreten. Die Brüssel-Ia-Verordnung findet auf solche Titel Anwendung, die nach dem 9.1.2015 erlassen worden sind. Der sachliche Anwendungsbereich ergibt sich aus Art. 1 der Brüssel-Ia-Verordnung, ausgenommen sind dabei u.a. Titel wegen der aufgrund von Verwandtschaft bestehenden Unterhaltspflicht, für die die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 Anwendung findet.
Für die von der Brüssel-Ia-Verordnung erfassten Titel entfällt das Vollstreckbarerklärungs- oder Exequaturverfahren. Die Brüssel-Ia-Verordnung gilt in Deutschland unmittelbar. Die notwendigen Durchführungsbestimmungen sind in den neuen §§ 1110-1117 ZPO eingestellt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen deutschen Titeln, die in einem anderen EU-Mitgliedsstaat vollstreckt werden sollen (vgl. §§ 1110, 1111 ZPO) und der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Titel, die in Deutschland vollstreckt werden sollen (§§ 1112-1117 ZPO).
II. Bescheinigungen über inländische Titel
1. Ausstellung von Bescheinigungen nach Art. 53, 60 Brüssel-Ia-Verordnung
Soll ein inländischer Titel in einem anderen EU-Mitgliedsstaat vollstreckt werden, bedarf es aufgrund von Art. 39 Brüssel-Ia-VO keiner Vollstreckbarerklärung mehr, jedoch hat der Gläubiger nach Art. 53 Brüssel-Ia-Verordnung eine Bescheinigung vorzulegen, mit der bestätigt wird, dass die Entscheidung vollstreckbar ist. Die Bescheinigung ist unter Verwendung des Formblatts in Anhang I der Brüssel-Ia-Verordnung auszustellen. Für öffentliche Urkunden ist eine Bescheinigung nach Art. 60 Brüssel-Ia-Verordnung auszustellen. Gerichtliche Vergleiche, die in Deutschland vollstreckbar sind, werden in den anderen EU-Mitgliedsstaaten unter denselben Bedingungen wie öffentliche Urkunden vollstreckt (Art. 59 Brüssel-Ia-Verordnung).
Für die Ausstellung der Bescheinigungen nach Art. 53, 60 Brüssel-Ia-Verordnung sind die Gerichte oder Notare zuständig, denen die Erteilung der Vollstreckungsklausel des Titels obliegt (§ 1110 ZPO). Ist das Gericht zuständig, obliegt die Ausstellung dem Rechtspfleger (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 RPflG).
a) Gerichtskosten
Es findet das GKG Anwendung (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GKG). Für das Verfahren über Anträge auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 1110 ZPO fällt eine Gebühr nach Nr. 1513 GKG-KostVerz. an. Es entsteht eine Festgebühr, die stets 20,00 EUR beträgt. Die Gebühr entsteht mit Eingang des Antrags bei Gericht. Ein Wegfall oder eine Ermäßigung ist nicht vorgesehen. Der Ausgang des Verfahrens bleibt deshalb unerheblich, so dass die Gebühr auch anfällt, wenn der Antrag zurückgenommen wird oder das Gericht die Bescheinigung nicht erteilt.
Für die Kosten (Gebühr und Auslagen) haftet der Antragsteller (§ 22 Abs. 3 GKG).
Neben der Gebühr sind Zustellungskosten (vgl. § 1111 Abs. 1 S. 3 ZPO, Nr. 9002 GKG-KostVerz.) von der ersten Zustellung an in Ansatz zu bringen, da eine Festgebühr entsteht.
b) Notarkosten
Hat gem. § 1110 ZPO der Notar die Bescheinigungen nach Art. 60 Brüssel-Ia-Verordnung zu erstellen, richten sich die Kosten hierfür nach dem GNotKG (§ 1 Abs. 1 GNotKG).
Für das Verfahren entsteht eine Festgebühr nach Nr. 23805 GNotKG-KostVerz. von 20,00 EUR. Eine Ermäßigung ist nicht vorgesehen. Die Gebühr fällt daher unabhängig vom Ausgang des Verfahrens an, also auch bei Beendigung durch Antragsrücknahme oder sonst ohne Erteilung der Bescheinigungen.
Auslagen sind nach den Nrn. 32000 ff. GNotKG-KostVerz. zu erheben und fallen neben der Gebühr gesondert an. Hierzu kann insbesondere die Postentgeltpauschale der Nrn. 32004, 32005 GNotKG-KostVerz. gehören, denn eine Ausfertigung der Bescheinigung ist dem Schuldner zuzustellen (§ 1111 Abs. 1 S. 3 ZPO).
Die Kostenhaftung bestimmt sich nach § 29 Nr. 1 GNotKG, es haftet daher der Antragsteller.
c) Anwaltskosten
Die Ausstellung der Bescheinigung nach § 1110 ZPO gehört nach § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9a Buchst. a) RVG zum Rechtszug des Erkenntnisverfahrens, in dem der Titel geschaffen wurde. Die dort verdienten Verfahrensgebühren decken daher auch das Verfahren nach § 1110 ZPO ab. Auch die Postentgeltpauschale der Nr. 7002 VV kann nicht gesondert geltend gemacht werden.
Beispiel
In einer Zivilsache wegen Zahlung von 5.000,00 EUR ergeht nach mündlicher Verhandlung ein Ur...