Geiz ist nicht geil … sondern dumm!
Wer sich mit dem Recht der Vergütungsvereinbarung beschäftigt und oftmals herangezogen wird, derartige Vereinbarungen auf ihre Rechtswirksamkeit bzw. auf ihre Berechtigung zu überprüfen, höhere als die gesetzliche Vergütung einzufordern, wird immer wieder mit dem Phänomen konfrontiert, dass der relativ einfache und überschaubare Gesetzestext von § 3a RVG nicht beachtet wird.
In vielen Fällen liegt es an der Neigung mancher Rechtsanwälte zur Schwafeligkeit, dass die Vergütungsvereinbarung mit anderen Bedingungen und Erklärungen "überfrachtet wird", die da definitiv nicht hingehören. Vielleicht war es gut, dass der Gesetzgeber zu Zeiten der BRAGO noch vorsah, dass die Vereinbarung scheitert, wenn sie in einem Vordruck enthalten war, "der auch andere Erklärungen umfasst" (vgl. § 3 Abs. 1 BRAGO).
Die Hilfestellung in § 4 RVG, nunmehr § 3a RVG, wonach "andere Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung" deutlich abgesetzt sein müssen, hat offensichtlich mehr geschadet als genutzt.
Einer der weiteren Kardinalfehler bei Abfassung einer Vergütungsvereinbarung ist es nämlich nunmehr, dass man an der falschen Stelle, nämlich am Papier spart und in einer Urkunde alles Mögliche unterzubringen sucht, begleitet von dem vergeblichen Bestreben, dem Erfordernis des deutlichen Absetzens gerecht zu werden.
Der hier entschiedene Fall zeichnet sich dadurch aus, dass die eigentliche Vergütungsvereinbarung im wahrsten Sinne des Wortes "eingebettet" (der englische Ausdruck "embedded" dürfte inzwischen allgemein bekannt sein) in andere Regelungen des Mandatsvertrages daherkommt und damit – absichtlich oder unabsichtlich – versteckt wird.
Dies führt aber nun einmal dazu, dass dann die Vergütungsvereinbarung am Gesetzestext scheitert, weil ein deutliches Absetzen nicht mehr erkennbar ist und keine höhere Vergütung generiert wird als die gesetzliche, es sei denn, die fehlerhaft vereinbarte Vergütung ist niedriger.
Unterstützt wird der ohnehin recht häufig anzutreffende nachlässige Umgang der Anwaltschaft mit dem Recht der Vergütungsvereinbarung dadurch, dass die unteren Instanzen solch grobe Fehler – wie auch hier in der ersten Instanz geschehen – aus Unkenntnis "durchwinken".
Nicht nur das LG Karlsruhe, sondern auch das LG Düsseldorf scheitern – unverständlicherweise – kläglich am Tatbestandsmerkmal "deutliches Absetzen" und reagieren auf den Hinweis auf die auch vom OLG Karlsruhe dankenswerterweise zitierte Entscheidung des BGH NJW 1987, 125 mit der inhaltlich zutreffenden, in der Sache aber eher drolligen Bemerkung, der BGH habe dort doch nicht eine Vergütungsvereinbarung, sondern die Widerrufsbelehrung und deren deutliches Absetzen beurteilen müssen.
Solch Unfähigkeit von Richtern, höchstrichterliche Rspr. auf vergleichbare Fälle umsetzen zu können, löst bei den betroffenen Anwälten Sprachlosigkeit und Hilflosigkeit aus, zumal bekanntlich nur Anwälte und nicht Gerichte erfolgreich auf Schadensersatz bei Fehlurteilen in Anspruch genommen werden können. Und eine Haftung des Anwalts ist bei solchen Fallgestaltungen – ausnahmsweise – natürlich ausgeschlossen, wenn schriftsätzlich dem Gericht jegliche Hilfestellung geboten wurde.
Zurück bleibt dann der geschädigte Mandant.
Und so ist es außerordentlich zu begrüßen, dass das OLG Karlsruhe hier mit ausführlicher und zutreffender Begründung nicht nur zu einem Ergebnis kommt, das jeglichen Zweifeln standhält und mit der Beurteilung in allen Kommentierungen übereinstimmen dürfte, sondern gleichzeitig Gelegenheit nimmt, dem BGH die Möglichkeit zu einem Machtwort zu geben.
In der Tat ist der hier zu beurteilende Beratungsvertrag, was die Vergütung angeht, an Intransparenz und Unübersichtlichkeit schon von der äußeren Gestaltung her kaum zu übertreffen.
Drucktechnisch exakt gleichbleibend sieht sich der Mandant nicht nur einer Präambel, sondern insgesamt sieben drucktechnisch gleich gestalteten und durchnummerierten Vereinbarungen und Erklärungen gegenüber, die sich u.a. mit einer Haftungsbegrenzung (§ 5) und einer allgemeinen Gerichtsstandvereinbarung (§ 7) beschäftigen.
Und gewissermaßen "mittendrin", eben eingebettet, findet sich in § 4 unter dem Stichwort "Vergütung" (nicht etwa Vergütungsvereinbarung) eine von der gesetzlichen Vergütung abweichende Regelung, die also noch nicht einmal zutreffend als Vergütungsvereinbarung bezeichnet ist, geschweige denn die erforderlichen Hinweise und Belehrungen enthält, die allesamt in § 3a RVG nachzulesen sind.
Wenn Rechtsanwälte in ihrem Bestreben nach Kostenersparnis nicht ständig am Papier und an der Anschaffung von Gebührenkommentaren sparen würden, so fänden sie unschwer deutliche Warnhinweise, wo immer man hineinschaut.
In allen Kommentaren wird dem Anwalt dazu geraten, den sichersten Weg zu gehen und fast überall findet sich der Hinweis, dass eine Trennungslinie, die die eigentliche Vergütungsvereinbarung von anderen Erklärungen und Bedingungen trennt, dann nicht ausreichend ist, wenn sich solche Trennungslinien a...