Leitsatz
Wird der Nichtzulassungsbeschwerde teilweise stattgegeben und wird sie teilweise verworfen oder zurückgewiesen, wird das Verfahren aufgespalten. Dabei fällt für die erfolglose Beschwerde eine gesonderte Gerichtsgebühr an. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass durch die Aufspaltung insgesamt höhere Kosten entstehen als bei der Durchführung der Revision hinsichtlich des gesamten Streitgegenstands.
BGH, Beschl. v. 25.11.2015 – II ZR 384/13
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte den Beklagten auf Zahlung von Verlustausgleich für das Jahr 1999 i.H.v. 39.016.198,68 EUR und für das Jahr 2000 i.H.v. 128.190.320,56 EUR verklagt. Das OLG hat den Beklagten zur Zahlung von 39.016.198,68 EUR und 89.925.472,48 EUR verurteilt. Gegen die Nichtzulassung der Revision legten beide Parteien Beschwerde ein. Der BGH hat daraufhin die Revision hinsichtlich des Verlustausgleichsanspruchs für das Jahr 2000 zugelassen und im Übrigen beide Beschwerden zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren und das Revisionsverfahren wurde jeweils auf 30 Mio. EUR festgesetzt.
Der Kostenbeamte hat für das Revisionsverfahren nach Nr. 1230 GKG-KostVerz. eine 5,0-Gebühr aus 30 Mio. EUR (548.680,00 EUR) und für die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nach Nr. 1242 GKG-KostVerz. weitere 2,0-Gebühr aus 30 Mio. EUR (219.472,00 EUR) angesetzt.
Gegen diese Kostenrechnung wenden sich beide Parteien mit der Erinnerung. Sie sind der Auffassung, die Gebührenrechnung für die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde sei aufzuheben.
Beide Erinnerungen hatten keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Erinnerungen, über die gem. § 1 Abs. 5, § 66 Abs. 6 GKG der Einzelrichter zu entscheiden hat (BGH, Beschl. v. 23.4.2015 – I ZB 73/14, NJW 2015, 2194 Rn 7 [= AGS 2015, 403]; Beschl. v. 8.6.2015 – IX ZB 52/14, NJW-RR 2015, 1209 Rn 1), haben keinen Erfolg.
Zu Recht wurden neben den fünf Gebühren für das Revisionsverfahren aus einem Streitwert von 30 Mio. EUR zwei weitere Gebühren aus 30 Mio. EUR (219.472,00 EUR) gem. Nr. 1242 GKG-KostVerz. angesetzt. Für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren fallen nach Nr. 1242 GKG-KostVerz. 2,0 Gebühren an, soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Dagegen entsteht keine Gebühr, soweit der Beschwerde stattgegeben wird. Insoweit fallen Gebühren für das mit der Zulassung eröffnete Revisionsverfahren an. Wird der Beschwerde teilweise stattgegeben und sie teilweise zurückgewiesen, bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstands für die Gerichtskosten und damit die beiden Gebühren gem. Nr. 1242 GKG-KostVerz. nach dem erfolglosen Teil der Beschwerde (BGH, Beschl. v. 17.12.2003 – V ZR 343/02, NJW 2004, 1048 [= AGS 2004, 121]). Das sind hier wegen der Streitwertgrenze in § 39 Abs. 2 GKG 30 Mio. EUR.
Anders als bei den Rechtsanwaltsgebühren (Nr. 3506 VV) findet keine Anrechnung von Gebühren für das Beschwerdeverfahren auf die Gebühren für das nachfolgende Revisionsverfahren statt, weder nach § 35 GKG noch nach § 36 GKG (BGH, Beschl. v. 28.9.2006 – VII ZR 166/05, NJW-RR 2007, 418 Rn 6). Bei der teilweisen Fortführung des Beschwerdeverfahrens nach einer Zulassung als Revisionsverfahren und bei einer teilweisen Zurückweisung der Beschwerde wird das Verfahren aufgespalten. Der insoweit entstehende Mehraufwand rechtfertigt den gesetzlich vorgesehenen gesonderten Gebührenansatz (vgl. BGH, Beschl. v. 28.9.2006 – VII ZR 166/05, NJW-RR 2007, 418 Rn 10).
Entgegen der Rechtsauffassung der Erinnerungsführer ist davon auch keine Ausnahme zu machen, wenn der Streitwert nach § 39 Abs. 2 GKG begrenzt ist. Der Ansatz der Gebühren gem. Nr. 1242 GKG-KostVerz. ist nicht ausgeschlossen, wenn die mit der teilweisen Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde und teilweisen Durchführung des Revisionsverfahrens anfallenden Kosten die Kosten übersteigen, die anfielen, wenn das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren und danach die Revision hinsichtlich aller Streitgegenstände durchgeführt würde. Bei Aufspaltung eines Verfahrens durch die teilweise Zurückweisung der Beschwerde und teilweise Durchführung des Revisionsverfahrens ist es immer, nicht nur in den Fällen der Streitwertbegrenzung nach § 39 Abs. 2 GKG möglich, dass insgesamt höhere Kosten entstehen als bei der Durchführung der Revision hinsichtlich des gesamten Streitgegenstandes.
Auch der Zweck der Streitwertbegrenzung gebietet weder eine Anrechnung noch eine Obergrenze. Die Begrenzung in § 39 Abs. 2 GKG auf einen Höchstwert von 30 Mio. EUR soll vermeiden, dass bei hohen Streitwerten unverhältnismäßig hohe Gebühren entstehen, und soll das mit der Prozessführung verbundene Kostenrisiko für die Parteien in Verfahren mit hohen Streitwerten auf ein vertretbares Maß zurückführen (Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, BR-Drucks 830/03 S. 181). Allein die vom Streitwert abhängige Gebührenhöhe, nicht die vom Streitwert unabhängige Zahl der Gebühren sollte begrenzt werden. Eine Gesamtkostengrenze für ein Verfahren wurde nicht eingeführt. Das Kostenrisiko übersteigt ei...