Leitsatz
Eine hilfsweise erklärte Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch führt auch dann zu einer Erhöhung des Streitwertes gem. § 45 Abs. 3 GKG, wenn sich der Beklagte als Hauptverteidigung mit anderen rechtlichen Schlussfolgerungen auf gleicher Tatsachenbasis gegen den Anspruch zur Wehr setzt.
OLG Schleswig, Beschl. v. 13.12.2016 – 1 W 13/16
1 Sachverhalt
Die Klägerin hat als Netzbetreiberin den Beklagten auf Rückzahlung zu Unrecht vereinnahmter Einspeisevergütungen nach dem EEG i.H.v. insgesamt 20.402,43 EUR in Anspruch genommen. Der Beklagte hatte die von ihm betriebene Photovoltaikanlage nicht bei der Bundesnetzagentur gemeldet, was jedoch Voraussetzung für die Zahlung der Einspeisevergütung gewesen wäre.
Der Beklagte hat sich gegen die Rückforderungsklage mit dem Argument gewendet, seine Anlage falle noch in den Anwendungsbereich des EEG 2009. Einem bereicherungsrechtlichen Anspruch der Klägerin stehe § 814 BGB entgegen, da sie in Kenntnis ihrer Nichtschuld geleistet habe. Sie könne den Beklagten zudem nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie sich ihrerseits Rückforderungsansprüchen des Übertragungsnetzbetreibers ausgesetzt sehe.
Er hat zudem die Auffassung vertreten, die zunächst dem Übertragungsnetzbetreiber gegenüber bestehende Pflicht der Klägerin, die rechtlichen Voraussetzungen der Einspeisevergütung vor ihrer Auszahlung zu prüfen, sei drittbezogen, er unterfalle ihrem Schutzbereich. Die Verletzung dieser Pflicht im Rahmen des mit ihm bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses führe zu einem Schadensersatzanspruch in Höhe des zurückgeforderten Betrages. Er hat hiermit hilfsweise die Aufrechnung gegen die Klageforderung erklärt. Im Urteil des LG ist der Klage vollumfänglich stattgegeben worden. Im Hinblick auf die Hilfsaufrechnung hat das LG entschieden, der hiermit geltend gemachte Schadensersatzanspruch bestehe nicht, jedenfalls stehe ihm ein Aufrechnungsverbot entgegen.
Das LG hat den Streitwert für den Rechtsstreit in Anwendung des § 45 Abs. 3 GKG auf den doppelten Betrag der Klageforderung festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.
2 Aus den Gründen
Die gem. § 68 Abs. 1 GKG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das LG hat zutreffend den Streitwert in Anwendung des § 45 Abs. 3 GKG auf 40.804,86 EUR festgesetzt.
Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Nichtabhilfeentscheidung des LG Bezug genommen. Wie auch der Beklagte nicht in Abrede stellt, liegen die Voraussetzungen einer Hilfsaufrechnung vor, so dass für die Bemessung des Streitwertes die Vorschrift des § 45 Abs. 3 GKG Anwendung findet. Hiernach erhöht sich der Streitwert, wenn der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend macht, um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht. Damit ist dem Wortlaut der Vorschrift nach im vorliegenden Fall eine Verdoppelung des Streitwertes vorzunehmen, da sich der Beklagte im Zusammenhang mit der Hilfsaufrechnung eines Anspruches berühmt, der der Höhe nach der Klageforderung entspricht.
Der Vorschrift des § 45 Abs. 3 GKG fehlt eine dem § 45 Abs. 1 S. 3 GKG entsprechende Ausnahme, nach der im Falle einer Widerklage oder eines Hilfsanspruches eine Zusammenrechnung der verschiedenen Werte dann nicht erfolgt, wenn beide denselben Gegenstand betreffen. In diesem Falle ist nur der Wert des höheren Anspruches maßgebend. Allerdings wird in der obergerichtlichen Rspr. die Auffassung vertreten, dass im Falle der Hilfsaufrechnung eine Wertaddition unterbleiben kann, wenn ein Gleichlauf von Primärverteidigung und Hilfsaufrechnung vorliegt, so dass wirtschaftlich gesehen die Hilfsaufrechnung und die primäre Verteidigung als einheitliche Verteidigung gegen den Klageanspruch gewertet werden können. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn sich der Beklagte gegen eine Vergütungsforderung aus einem Werkvertrag in erster Linie mit fehlender Abnahme wegen Mängeln verteidigt und hilfsweise mit dem Mängelanspruch wegen derselben Mängel aufrechnet oder in erster Linie Minderung und hilfsweise Schadensersatz wegen derselben Mängel geltend macht (OLG Stuttgart NJW 2011, 540, 541 [= AGS 2011, 385]). Diese wirtschaftliche Identität von Hauptverteidigung und Hilfsaufrechnung, die überwiegend in werkvertraglichen Rechtsverhältnissen diskutiert wird, bei denen mit denselben Mängeln unterschiedliche Einwände gegen eine Werklohnforderung erhoben werden (so z.B. KG NJW-RR 2015, 319) ist vorliegend nicht gegeben.
Wie auch das LG zutreffend ausgeführt hat, bezwecken die gegen die Klageforderung vorgebrachten Argumente und die im Rahmen der Hilfsaufrechnung geltend gemachte Forderung eine Klageabweisung aus unterschiedlichen Gründen. Auch die im Rahmen der Primärverteidigung vom LG geprüften Aspekte widersprüchlichen Verhaltens und von Treu und Glauben betreffen eine andere Argumentation als den zur Begründung der Hilfsaufrechnung angeführten Schadensersatzanspruch, denn bei ihnen geht es inhaltlich um die Frage, ob die Klägerin zuvor Kenntnis der fehlende...