I. Zum Interessenwegfall

Die Entscheidung ist insoweit zutreffend und entspricht der ganz herrschenden Meinung.

Kündigt der Anwalt, ohne dass der Auftraggeber einen berechtigten Grund gegeben hat, oder kündigt der Auftraggeber aus berechtigtem Grund, so berührt dies zunächst einmal nicht den anwaltlichen Vergütungsanspruch.

Der Vergütungsanspruch entfällt nur insoweit, als die Tätigkeit des bisherigen Anwalts für den Auftraggeber nicht mehr von Interesse ist. Dieser Interessenwegfall dokumentiert sich nach ganz einhelliger Auffassung in den Gebühren und Auslagen, die der Auftraggeber jetzt an den neuen Anwalt (doppelt) zahlen muss.

Bemerkenswert ist die Entscheidung des BGH, weil er den Interessenwegfall auch auf Anrechnungsbeträge erstreckt. Dazu gab es bislang keine Rspr. Insoweit kann aber nichts anderes gelten, wie der BGH zutreffend ausführt.

Hier war im Ausgangsverfahren eine Verfahrensgebühr angefallen. Im nachfolgenden Verfahren nach Zurückverweisung fiel die Verfahrensgebühr erneut an (§ 21 Abs. 1 RVG). Diese wäre auch für den vorherigen Anwalt angefallen. Allerdings wäre bei der Fortsetzung der Tätigkeit durch den bisherigen Anwalt die erste Verfahrensgebühr auf die zweite Verfahrensgebühr angerechnet worden, sodass der zunächst beauftragte Anwalt diese Gebühr nicht hätte erneut verlangen können.

Infolge des Anwaltswechsels ist die Verfahrensgebühr nach Zurückverweisung zwar nicht doppelt angefallen. Sie musste jetzt aber bezahlt werden, während sie bei Fortbestand des Mandats wegen der Anrechnungsbestimmung nicht hätte verlangt werden können.

In diesem Zusammenhang ist noch auf eine Entscheidung des OLG Karlsruhe[1] hinzuweisen, das ebenfalls einen Interessenwegfall annimmt, soweit eine doppelte Zahlungspflicht besteht. Das OLG Karlsruhe weist aber – zu Recht – darauf hin, dass die doppelte Zahlungspflicht auch bereits entstanden sein muss. Ein Interessenwegfall ist daher noch nicht anzunehmen, wenn nur zu erwarten ist, dass bestimmte Gebühren erneut anfallen.

Im Fall des OLG Karlsruhe waren Verfahrens- und Terminsgebühr bereits an den ersten Anwalt gezahlt. Daraufhin wurde das Mandat berechtigterweise vom Auftraggeber gekündigt. Die Verfahrensgebühr fiel beim neuen Anwalt sofort an. Zu einer erneuten mündlichen Verhandlung kam es jedoch zunächst nicht, so dass das OLG Karlsruhe dem Mandanten nur einen Rückzahlungsanspruch auf die Verfahrensgebühr zugesprochen hat. Einen Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der Terminsgebühr hat das OLG Karlsruhe abgelehnt, weil diese noch nicht angefallen sei und nicht definitiv feststehe, dass auch diese doppelt anfallen werde, da auch Verfahrensbeendigungen ohne erneute Terminsgebühr möglich sind.

II. Kein Kündigungsrecht bei Weigerung zum Abschluss einer Vergütungsvereinbarung

Ebenso wie die Vorinstanz sieht der BGH keinen berechtigten Grund zur Kündigung des Anwaltsvertrags darin, dass der Mandant eine von ihm nachträglich geforderte Vergütungsvereinbarung ablehnt. Hat der Anwalt das Mandat einmal zur gesetzlichen Vergütung angenommen, dann muss er es nach der gesetzlichen Vergütung auch zu Ende führen. Er muss sich vor Annahme des Mandats überlegen, ob er die Übernahme von dem Abschluss einer Vergütungsvereinbarung abhängig macht. Unterlässt er dies, kann er zwar im Nachhinein immer noch mit dem Mandanten eine Vergütungsvereinbarung schließen. Er kann sie jetzt aber nicht mehr durchsetzen, indem er die Übernahme des Mandats oder die Fortführung des Mandats davon abhängig macht.

Der Anwalt sollte daher stets im Vorfeld prüfen, ob er das Mandat mit allen Unwägbarkeiten, die sich im Verlaufe ergeben können, zu den gesetzlichen Gebühren führen kann. Anderenfalls sollte er vor Annahme des Mandats rechtzeitig auf eine Vergütungsvereinbarung hinweisen. Hat er dies versäumt, kann er zwar versuchen, mit dem Mandanten nachträglich eine höhere Vergütung auszuhandeln. Stimmt der Auftraggeber dem jedoch nicht zu, dann hat der Anwalt keine Möglichkeit, eine höhere Vereinbarung durchzusetzen.

Legt er jetzt das Mandat nieder, riskiert er dann auch noch, seine bisherigen Vergütungsansprüche zu verlieren.

Ob dem Anwalt ein Anspruch nach § 313 BGB nach den Grundsätzen der Anpassung der Geschäftsgrundlage auf Abschluss einer Vergütungsvereinbarung zusteht, erscheint sehr zweifelhaft. OLG und BGH konnten diese Frage offen lassen, weil der Anwalt hier keine Verhandlungen gefordert hatte, sondern einseitig seine Vorstellungen durchsetzen wollte.

Norbert Schneider

[1] AGS 2011, 320.

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