ZPO § 91 Abs. 4
Leitsatz
- Für im Wege der Rückfestsetzung geltend gemachte Kosten gelten dieselben Grundsätze wie für die Prozesskosten im Kostenfestsetzungsverfahren. Materiell-rechtliche Einwendungen des Gegners stehen daher der Rückfestsetzung nicht entgegen.
- Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
OLG Bamberg, Beschl. v. 12.12.2011 – 6 W 30/11
1 Sachverhalt
Das LG hatte aufgrund der vorläufig vollstreckbaren Endurteile des LG und des OLG die von der Klägerin an die Beklagte zu 1) zu erstattenden Kosten auf 17.225,97 DM nebst Zinsen festgesetzt. Aufgrund dieses Kostenfestsetzungsbeschlusses bezahlte die Klägerin an die Beklagte zu 1) insgesamt 6.749,35 EUR.
Mit Urteil des BGH wurden die vorgenannten Urteile des LG und des OLG abgeändert bzw. aufgehoben; die Kosten des Rechtsstreits wurden den Beklagten auferlegt.
Darauf beantragte die Klägerin die Rückfestsetzung der von ihr gezahlten Kosten i.H.v. zuletzt 4.674,13 EUR. Hierzu legte sie eine Forderungsaufstellung vor. Darin waren unstreitig von der Beklagten zu 1) erfolgte ratenweise Zahlungen jeweils zuerst auf Zinsen und dann auf die Hauptforderung in Abzug gebracht.
Die Beklagte zu 1) wandte gegen die Rückfestsetzung ein, diese erfasse lediglich die Rückzahlung geleisteter Beträge. Tatsächlich begehre die Klägerin jedoch eine Festsetzung auch von Zinsen, die so nicht möglich sei.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das LG den Kostenrückfestsetzungsantrag der Klägerin zurück. Aus den Schreiben und Aufstellungen der Klägerseite ergebe sich, dass die Beklagte zu 1) ratenweise insgesamt 8.199,88 EUR zurückgezahlt habe und somit 1.450,53 EUR mehr als von der Klägerin an die Beklagte zu 1) aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses gezahlt worden sei. Zuviel gezahlte, im Wege der Rückfestsetzung gem. § 91 Abs. 4 ZPO festzusetzende Kosten seien aber erst ab Einreichung des Rückfestsetzungsantrags zu verzinsen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung sei jedoch bereits ein die volle Rückfestsetzungsforderung übersteigender Betrag von der Beklagten zu 1) zurückgezahlt gewesen, so dass keine Rückfestsetzung erfolgen könne.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie Kostenrückfestsetzung in Höhe von 4.674,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begehrt. Die Beklagte zu 1) habe sich seit Mai 2002 im Verzug mit der Rückzahlung der Kosten befunden. Die von ihr gezahlten Raten seien daher gem. § 367 BGB vorrangig auf Kosten und Zinsen und erst zuletzt auf die Hauptleistung anzurechnen gewesen.
Die Beklagtenseite hat Beschwerdezurückweisung beantragt und ausgeführt, die von der Klägerin geltend gemachte Verzugsforderung sei dem förmlichen Kostenfestsetzungsverfahren auch im Verfahren der Rückfestsetzung nicht zugänglich.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt. Die Vorschrift des § 367 BGB komme im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zum Tragen. Es handele sich dabei um Privatrecht; Entscheidungen über materielle Ansprüche nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch seien aber grundsätzlich dem richterlichen Erkenntnisverfahren vorbehalten.
Die sofortige Beschwerde der Klägerin hatte im Wesentlichen Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Entgegen der Annahme des LG verlangt die Klägerin nicht etwa die Festsetzung der bereits seit dem Jahr 2002 ihrer Meinung nach auf den materiell-rechtlichen Rückforderungsanspruch angefallenen Verzugszinsen. Es geht vielmehr um die Frage, ob und in welcher Höhe ihr ursprünglicher Rückzahlungsanspruch in Höhe von 6.749,35 EUR, der durch die Zahlung auf den später gegenstandslos gewordenen Kostenfestsetzungsbeschluss begründet wurde, durch die Zahlungen der Beklagten zu 1) erfüllt und damit erloschen ist. Die Klägerin stellt die entsprechenden Rückzahlungen nur in der Höhe unstreitig, die sich aus dem Forderungskonto ergibt.
Damit ist aber zu entscheiden, ob dem jetzt noch geltend gemachten Rückzahlungsanspruch der Klägerin die materiell-rechtliche Einwendung der Erfüllung entgegensteht.
2. Das ist zu verneinen, weil die Beklagte zu 1) mit Gegenansprüchen im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu berücksichtigen ist.
a) Der Gesetzgeber hat mit dem gem. § 29 Nr. 2 EGZPO anwendbaren (vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 16.9.2004 – V ZB 8/04), am 1.9.2004 in Kraft getretenen § 91 Abs. 4 ZPO bestimmt, dass die Kosten, die die letztlich obsiegende Partei der letztlich unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat, zu den Kosten des Rechtsstreits i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO gehören. Dies lässt nach Auffassung des Senats allein den Schluss zu, dass auf solche im Wege der Rückfestsetzung geltend gemachten Kosten die gleichen Grundsätze anzuwenden sind wie auf die sonstigen Verfahrenskosten im Kostenfestsetzungsverfahren. Bei diesen sind materiell-rechtliche Einwendungen nach allgemeiner Meinung jedoch nicht zu berücksichtigen, wenn deren tatsächliche Voraussetzungen nicht feststehen (vgl. dazu nur Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 104 Rn 21 "materiell-rechtliche Einwendungen" m.w.N.).
Entgegen einer teilweise noch...