Es war einmal eine Anwältin, die vertrat vor dem AG München eine bedürftige Kindesmutter in einem Verfahren auf Zahlung von Kindesunterhalt. Gefordert war Unterhalt nach Gruppe 3 (Altersstufe 2) der Düsseldorfer Tabelle (Wert: 12 x 309,00 EUR = 3.708,00 EUR).
Im Termin zur mündlichen Verhandlung zeichnete sich eine Einigung zwischen den Beteiligten ab. Der Antragsgegner war bereit, Unterhalt nach Einkommensgruppe 2 zu zahlen. In diesem Zusammenhang wurde dann auch der zwischen den Beteiligten noch außergerichtlich streitige Ehegattenunterhalt angesprochen (Forderung 400,00 EUR/Monat). Auch hier zeichnete sich eine Einigung ab, sodass die Beteiligten einen Gesamtvergleich schließen wollten.
Die Anwältin, der die Rechtsprechung des OLG München (AGS 2009, 502; zuletzt Beschl. v. 4.4.2012 – 11 WF 565/12) bekannt war, bat um Unterbrechung der Sitzung und wies ihre bedürftige Mandantin darauf hin, dass bei Abschluss des Mehrvergleichs Kosten auf sie zukommen würden, nämlich die Differenz der Terminsgebühr zuzüglich Umsatzsteuer, weil das OLG München die Terminsgebühr aus dem Mehrwert (hier: 36,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer) als nicht von der Verfahrenskostenhilfe gedeckt ansieht. Die bedürftige Mandantin müsse also bei Abschluss des Mehrvergleichs den Differenzbetrag – und zwar nach den Wahlanwaltsgebühren –, also insgesamt 291,31 EUR aus der eigenen Tasche zahlen. Die bedürftige Beteiligte erwiderte darauf, dass sie doch kein Geld hätte und das nicht zahlen könnte und ob es denn nicht noch eine andere Möglichkeit gäbe.
Daraufhin erklärte die Anwältin, dass es durchaus eine Alternative gäbe. Diese wäre zwar im Ergebnis viel teurer, würde aber eine Eigenbeteiligung der Bedürftigen vermeiden. Man dürfe dann den Vergleich zunächst nur über den Kindesunterhalt schließen. Danach müsse man dann ein gesondertes Verfahren auf Ehegattenunterhalt anhängig machen. Dafür würde die bedürftige Mandantin Verfahrenskostenhilfe erhalten. Dann könne man einen zweiten Vergleich schließen, der in vollem Umfang – einschließlich der Terminsgebühr – von der Verfahrenskostenhilfebewilligung gedeckt sei. Das mache zwar viel mehr Arbeit und sei auch erheblich teurer, weil dann weitere Kosten in Höhe von 935,94 EUR anfielen; diese würde allerdings die Landeskasse voll übernehmen; die bedürftige Mandantin hätte dann damit nichts zu tun.
Die bedürftige Mandantin folgte dem weisen Rat ihrer Verfahrensbevollmächtigten und schloss nur einen Vergleich über den Kindesunterhalt. Hiernach wurde dann der Ehegattenunterhalt mit 400,00 EUR anhängig gemacht und nach Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe der ursprünglich ins Auge gefasste Vergleich über den Ehegattenunterhalt geschlossen.
Die bedürftige Beteiligte war zufrieden, da sie beide Vergleiche schließen konnte, ohne mit eigenen Kosten belastet zu werden.
Die beteiligte Anwältin war zufrieden, da sie durch das gesonderte Verfahren eine weit höhere Vergütung erhielt als im Falle eines bloßen Mehrvergleichs.
Ob der Richter wegen seiner Mehrarbeit und die Landeskasse wegen der erheblich höheren Kosten auch zufrieden waren, ist nicht bekannt, aber zweifelhaft.
Autor: Lotte Thiel
Lotte Thiel und Norbert Schneider