Die gem. § 33 Abs. 6, Abs. 3 RVG zulässige weitere Beschwerde des Pflichtverteidigers ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet. Die Festsetzung der Befriedungsgebühr nach Nr. 4141 i.V.m. Nr. 4130 VV ist im Falle der Revisionsrücknahme nur dann gerechtfertigt, wenn konkrete Anhaltspunkte bestehen, dass ausnahmsweise im Revisionsverfahren eine Hauptverhandlung anberaumt wird.
1. Der Gebührentatbestand Nr. 4141 VV enthält im "Unterabschnitt 5. Zusätzliche Gebühren" folgende Regelung:
Durch die anwaltliche Mitwirkung wird die Hauptverhandlung entbehrlich.
Zusätzliche Gebühr
(1) Die Gebühr entsteht, wenn
1. …
2. …
3. sich das gerichtliche Verfahren durch Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl, der Berufung oder Revision des Angeklagten oder eines anderen Verfahrensbeteiligten erledigt; ist bereits ein Termin zur Hauptverhandlung bestimmt, entsteht die Gebühr nur, wenn der Einspruch, die Berufung oder die Revision früher als zwei Wochen vor Beginn des Tages, für den die Hauptverhandlung vorgesehen war, zurückgenommen wird.“
2. Danach stünde dem Beschwerdeführer allenfalls eine Verfahrensgebühr nach Nrn. 4141, 4130 VV in Höhe von 412,00 EUR zu (zuzüglich Nr. 7008 VV), da der Gebührentatbestand Nr. 4141 VV nur einen Anspruch in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr ohne Zuschlag gewährt.
3. Unter Berücksichtigung des Obersatzes der gesetzlichen Regelung (durch die anwaltliche Mitwirkung wird die Hautverhandlung entbehrlich) und der Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 15/1971, S. 227, 228) entsteht die Zusatzgebühr Nr. 4141 VV nur dann, wenn eine Hauptverhandlung anberaumt worden ist oder zumindest konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass eine Revisionshauptverhandlung durchgeführt worden wäre und durch die rechtzeitige, durch anwaltliche Tätigkeit bewirkte Rücknahme der Revision entbehrlich wurde. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch diese Zusatzgebühr der Verlust der Hauptverhandlungsgebühr für den Verteidiger ausgeglichen und damit die Rücknahme vor der Durchführung der Hauptverhandlung gefördert werden (OLG Rostock, Beschl. v. 6.3.2012 – I Ws 62/12; OLG Köln, Beschl. v. 18.4.2008 – 2 Ws 164/08 m.w.N.).
3.1 Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte die Neuregelung in Nr. 4141 VV den Grundgedanken der Regelung in § 84 Abs. 2 BRAGO übernehmen. Diese Regelung war geschaffen worden, um die intensiven und zeitaufwändigen Tätigkeiten des Verteidigers, die zu einer Vermeidung der Hauptverhandlung und damit beim Verteidiger zum Verlust der Hauptverhandlungsgebühr führten, gebührenrechtlich zu honorieren. Deshalb erhielt der Rechtsanwalt, wenn durch seine Mitwirkung eine Hauptverhandlung entbehrlich wurde, nicht nur die halbe Gebühr des § 84 Abs. 1 BRAGO, sondern die volle Gebühr des § 83 Abs. 1 BRAGO. Dies sollte die Neuregelung aufgreifen, indem dem Rechtsanwalt in den genannten Fällen nun eine zusätzliche Gebühr in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr zugebilligt werden sollte. Diese Gebühr sollte den Anreiz, Verfahren ohne Hauptverhandlung zu erledigen, erhöhen und somit zu weniger Hauptverhandlungen führen (BT-Drucks 15/1971, S. 227). Diese Regelung die nach der bis zum 30.6.2004 geltenden BRAGO nur für die erste Instanz und die Berufungsinstanz gegolten hat, sollte durch die Regelung in Abs. 1 Nr. 3 auf die Revisionsinstanz ausgeweitet werden. Damit sollte eine Entlastung der Revisionsgerichte herbeigeführt werden (a.a.O. S. 228). Es sollte auch hier nur der Wegfall der Terminsgebühr in dieser (Revisions-) Instanz ausgeglichen werden.
3.2 Der Senat hält an seiner Rspr., dass die Gebühr nach Rücknahme der Revision jedenfalls nur dann entstehen kann, wenn eine nicht nur zulässig eingelegte, sondern auch begründete Revision zurückgenommen wird, fest (Senatsbeschl. v. 11.2.2008 – 4 Ws 8/08; OLG Köln a.a.O.). Denn sonst wäre die Revision bereits als unzulässig zu verwerfen und damit würde eine Revisionshauptverhandlung sicher nicht stattfinden.
3.3 Darüber hinaus ist erforderlich, dass nicht nur eine theoretische Möglichkeit der Durchführung einer Hauptverhandlung vor dem Revisionsgericht besteht, sondern, dass eine anberaumte oder aufgrund konkreter Umstände ausnahmsweise zu erwartende Hauptverhandlung in dieser Instanz aufgrund der durch anwaltliche Tätigkeit bewirkten Revisionsrücknahme entbehrlich wird. Die Zuerkennung der Zusatzgebühr kommt nur dann in Betracht, wenn eine anderenfalls entstehende Gebühr in dieser Instanz durch die Revisionsrücknahme in Wegfall gerät.
Die Einlegung der Revision wird gem. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 10 RVG noch von der Verfahrensgebühr der Vorinstanz abgedeckt. Die Begründung der Revision wird durch die Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV vergütet und muss nicht noch einmal durch die Befriedungsgebühr abgegolten werden. Würde man einem Verteidiger allein wegen der Revisionsrücknahme eine zusätzliche Gebühr zubilligen, wäre er besser gestellt als der Verteidiger, der das Revisionsverfahren durchführt, ohne dass es zu einer Hauptverhandlung kommt.
Da vorlieg...