StPO § 464 Abs. 3 S. 1, 2. Hs.
Leitsatz
Dasjenige Gericht, das eine zugunsten eines Nebenklägers zu treffende Auslagenentscheidung versäumt hat, ist jedenfalls in denjenigen Fällen, in denen eine sofortige Beschwerde nach § 464 Abs. 3 S. 1, 2. Hs. StPO gegebenenfalls nicht statthaft ist, auf eine Gegenvorstellung hin berechtigt bzw. verpflichtet, die unterbliebene Entscheidung nachzuholen.
LG Aurich, Beschl. v. 3.1.2013 – 12 Qs 175/12
1 Sachverhalt
Das AG hat ein Strafverfahren gegen den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des als Nebenkläger zugelassenen Geschädigten unter Auflagen für die Dauer von sechs Monaten vorläufig gem. § 153a StPO eingestellt. Noch während der Einstellungsfrist beantragte der Nebenkläger, dem Angeklagten u.a. seine notwendigen Auslagen aufzuerlegen, woraufhin das AG dem Nebenkläger mitteilte, dass über diesen Antrag erst im Rahmen einer abschließenden Entscheidung entschieden werde. Ohne Anhörung des Nebenklägers und nach Auflagenerfüllung stellte das AG sodann mit Beschl. v. 23.3.2012 das Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gem. § 153a StPO endgültig ein, wobei die Kosten des Verfahren gem. § 467 Abs. 1 StPO der Staatskasse auferlegt, die notwendigen Auslagen des Angeklagten jedoch nicht erstattet wurden. Eine Kostenentscheidung hinsichtlich der notwendigen Auslagen des geschädigten Nebenklägers wurde indes nicht getroffen.
Mit Schriftsatz v. 6.7.2012 erinnerte der Nebenkläger noch einmal das AG daran, seinen Antrag, seine notwendigen Auslagen dem Angeklagten aufzuerlegen, zu bescheiden. Darüber hinaus bat der Nebenkläger um Übersendung des Beschlusses über die endgültige Einstellung des Verfahrens.
Daraufhin änderte das AG am 10.8.2012 den endgültigen Einstellungsbeschluss vom 23.3.2012 dahingehend ab bzw. ergänzte diesen dahingehend, dass dem Angeklagten auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers gem. § 472 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 StPO auferlegt werden sollen.
Mit Schriftsatz vom selben Tage legte der Nebenkläger gegen die ursprüngliche Kostenentscheidung vom 23.3.2012 vorsorglich "sofortige Beschwerde" ein, mit der Begründung, dass mit dem Einstellungsbeschluss vom 23.3.2012 auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers dem Angeklagten hätten auferlegt werden müssen.
Gegen die Ergänzung der Kostenentscheidung im Beschluss des AG vom 10.8.2012, durch die dem Angeklagten auch die notwendigen Auslagen des Nebenklägers auferlegt werden, wendet sich nunmehr der Angeklagte mit der sofortigen Beschwerde.
2 Aus den Gründen
Die in eine sofortige Kostenbeschwerde umzudeutende "Beschwerde" des Angeklagten ist gem. § 464 Abs. 3 S. 1, 2. Hs. StPO bereits unzulässig.
Der Beschwerdeführer geht zwar im Ansatz zutreffend davon aus, dass die seinerzeit vom Nebenkläger erhobene sofortige Beschwerde gegen die ursprüngliche Kosten- und Auslagenentscheidung in dem Einstellungsbeschluss v. 23.3.2012 gem. § 464 Abs. 3 S. 1, 2. Hs. StPO unzulässig ist. Nach dieser Bestimmung ist die sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung über die Kosten und notwendigen Auslagen nämlich dann ausgeschlossen, wenn die Anfechtung der das Verfahren abschließenden Hauptsachenentscheidung durch den Beschwerdeführer – hier also Nebenkläger – nicht statthaft ist. Nicht statthaft ist die Anfechtung wiederum dann, wenn die betroffene Person unabhängig von der Frage der Beschwer nicht zur Einlegung eines Rechtsmittels oder eines anderen verbindlichen Rechtsbehelfs befugt ist (vgl. OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 128; NStZ-RR 2001, 63; Meyer-Goßner, StPO, § 464 Rn 17 ff. m.w.N.). Dieser Ausschluss gilt ohne Rücksicht darauf, ob die Nebenentscheidung gesetzeswidrig ist (Meyer-Goßner, StPO, § 464 Rn 18). Dies ist hier der Fall, weil dem Nebenkläger gegen Einstellungsbeschlüsse nach den §§ 153 ff. StPO – und damit auch gegen einen solchen nach § 153a StPO – kein Rechtsmittel zusteht, auch wenn sie verfahrensfehlerhaft ergangen sind (BGH NJW 2002, 2401; Meyer-Goßner, StPO, § 400 Rn 9 m.w.N.).
Gleichwohl war das AG zur Ergänzung der Kostenentscheidung mittels des hier angefochtenen Beschlusses vom 10.3.2012 befugt. Denn dasjenige Gericht, dass eine zugunsten eines Nebenklägers zu treffende Auslagenentscheidung versäumt hat, ist jedenfalls in denjenigen Fällen, in denen – wie hier – eine sofortige Beschwerde nach § 464 Abs. 3 S. 1, 2. Hs. StPO aus den vorgenannten Gründen nicht statthaft ist, auf eine Gegenvorstellung hin berechtigt bzw. verpflichtet, die unterbliebene Entscheidung nachzuholen (KG JR 1989, 392; OLG Düsseldorf MDR 1993, 786; OLG Düsseldorf VRS 84, 446). Insofern ist die ursprünglich vom Nebenkläger eingelegte sofortige Beschwerde in eine Gegenvorstellung bzw. Gehörsrüge umzudeuten, so dass der unterbliebene Ausspruch bzgl. der Auslagen des Nebenklägers gem. § 33a StPO durch die Ausgangsinstanz nachgeholt werden durfte (vgl. Meyer-Goßner, § 464 Rn 12 m.w.N.), zumal der Nebenkläger vor der Kostenentscheidung im endgültigen Einstellungsbeschluss vom 23.3.2012 nicht gehört worden ist.
Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der ange...