Leitsatz
Entscheidet das Rechtsbeschwerdegericht nach § 79 Abs. 5 S. 1 OWiG ohne Hauptverhandlung, entsteht für den Verteidiger keine zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 VV.
AG Düsseldorf, Urt. v. 13.3.2014 – 52 C 16473/13
1 Sachverhalt
Der rechtsschutzversicherte Kläger hatte sich in einer Bußgeldsache anwaltlich vertreten lassen. Gegen den Bußgeldbescheid hatte der Verteidiger für den Kläger Rechtsbeschwerde erhoben, über die das OLG im schriftlichen Verfahren entschieden hat.
Hierauf rechnete der Verteidiger u.a. auch eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 5115 VV ab. Da eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergangen sei, sei folglich auch die zusätzliche Gebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 5 zu Nr. 5115 VV entstanden. Der Rechtsschutzversicherer lehnte die Übernahme dieser Gebühr ab. Die darauf gerichtete Klage hat keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Dem Kläger steht aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag mit der Beklagten gegen diese der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung weiterer Anwaltskosten für die Vertretung im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem OLG nicht zu.
Der Kläger verweist zwar zutreffend darauf, dass Anm. Abs. 1 Nr. 5 zu Nr. 5115 VV neben der Verfahrensgebühr eine zusätzliche Gebühr entsteht, wenn das Gericht nach § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG statt in einer Hauptverhandlung durch Beschluss entscheidet. Der Kläger führt auch zutreffend aus, dass dem an einer solchen Beschlussentscheidung mitwirkenden Anwalt diese Gebühr praktisch als Kompensation für die entfallende Hauptverhandlungsgebühr zustehen soll, um Tätigkeiten des Verteidigers zu honorieren, die zu einer Vermeidung der Hauptverhandlung führen.
Er übersieht aber in seiner Argumentation, dass es nicht um eine Entscheidung in erster Instanz nach § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG geht, sondern um eine Beschlussentscheidung des OLG im Rechtsbeschwerdeverfahren gemäß § 79 Abs. 5 OWiG. Diese Vorschrift ist in Anm. Abs. 1 Nr. 5 zu Nr. 5115 VV aber nicht aufgeführt, obwohl der Gesetzgeber dies unproblematisch hätte tun können, hätte dies seinem Ansinnen entsprochen. Davon kann aber auch nicht ausgegangen werden, weil sich die Beschlussentscheidungen vor dem AG und dem OLG in einem erheblichen Grund unterscheiden. Nach § 72 OWiG ist im erstinstanzlichen Verfahren in der Hauptverhandlung die gesetzlich vorgesehene Regel, die Beschlussentscheidung die Ausnahme. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren sieht § 79 OWiG aber ein umgekehrtes Verhältnis vor. Ist aber die Beschlussentscheidung die Regel, so bedarf es keiner besonderen Mitwirkung des Verteidigers zur Verhinderung einer Hauptverhandlung.
Auch der mit dem Hilfsantrag verfolgte Anspruch auf eine Höchstgebühr nach Nr. 5113 VV ist nicht gerechtfertigt. Die Beklagte verweist insoweit zu Recht darauf, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit seiner vorherigen, niedrigeren Berechnung bereits sein Gebührenermessen ausgeübt hatte und sich hieran festhalten muss. Zudem sind Gründe für ein Abrechnen von der Mittelgebühr vom Kläger auch nicht vorgetragen.
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Lothar Schriewe, Düsseldorf.
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Nur das schriftliche Beschlussverfahren nach § 72 OWiG, also das erstinstanzliche Verfahren, wird mit einer zusätzlichen Verfahrensgebühr honoriert. In dem Rechtsbeschwerdeverfahren entsteht bei einer Entscheidung ohne Hauptverhandlung keine zusätzliche Gebühr. Hier kann die zusätzliche Gebühr nur dann anfallen, wenn das Rechtsbeschwerdegericht das Verfahren einstellt (Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 5115 VV) oder die Rechtsbeschwerde zurückgenommen wird (Anm. Abs. 1 Nr. 4 zu Nr. 5115 VV).
Norbert Schneider
AGS 4/2014, S. 180 - 181