Zum 1.1.2014 ist das Gesetz zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess und zur Änderung anderer Vorschriften vom 5.12.2012 (BGBl I S. 2418) in Kraft getreten. Betroffen davon sind auch die Kostengesetze RVG, GKG, FamGKG, GNotKG etc.
In weiser Voraussicht hatte Hagen Schneider in Heft 3 hierzu einen umfassenden Beitrag verfasst. Genutzt hat es offenbar wenig, was zu erwarten war.
Seit Jahren offenbaren Gerichte, bis zu obersten Bundesgerichten, erschreckende Wissenslücken und Fehlvorstellungen auch in kostenrechtlichen Verfahren. Dass sich dies durch die Pflicht, Rechtsbehelfsbelehrungen zu erteilen, verbessern werde, war nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Rechtsmittelbelehrungen adaptieren sich an die Wissenslücken und Fehlvorstellungen, so dass unzutreffende Rechtsmittel- und Rechtsbehelfsbelehrungen an der Tagesordnung sind.
So hat das LG Braunschweig in einem Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 RVG, dessen Sinn es zunächst gar nicht verstanden hat (2 O 1286/12), schließlich doch noch einen Beschluss erlassen und den Festsetzungsantrag als unzulässig abgewiesen. Es folgt dann eine Rechtsbehelfsbelehrung, in der auch darauf hingewiesen wird, dass die Rechtsmittelfrist nur gewahrt werde, wenn die Beschwerde rechtzeitig bei Gericht eingeht. Offenbar war man sich aber nicht sicher, welche Beschwerdefrist gilt, hat diese einfach weggelassen, also gar nicht belehrt.
Ebenfalls in einem Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 RVG hat es das AG Bonn offenbar (406 F 66/10) besser gestalten wollen und die Rechtsmittelfrist zwar angegeben, leider jedoch die falsche. Danach soll eine Rechtsmittelfrist von sechs Monaten gelten. Das AG verwechselt hier die Frist der Verfahrenswertbeschwerde nach §§ 59 Abs. 1 S. 3, 55 Abs. 3 S. 2 FamGKG mit der kurzen Zweiwochenfrist nach § 33 Abs. 3 RVG.
In einem Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG hat das AG Bonn zutreffend erkannt, dass eine Zweiwochenfrist für die Erinnerung gilt (406 F 179/10). Es heißt dann aber weiter, die Frist beginne mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dem Erlass des Beschlusses. Eine solche Ausschlussfrist gibt es aber gar nicht. Das FamG hat hier die Ausschlussfrist des § 63 Abs. 3 S. 2 FamFG kurzerhand in das Vergütungsfestsetzungsverfahren übertragen. Eine solche Ausschlussfrist kennt das Vergütungsfestsetzungsverfahren aber nicht, weil die Beteiligten im Vergütungsfestsetzungsverfahren – im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren, in dem ein Verkündungstermin anberaumt wird – nicht wissen können, wann das Gericht einen Beschluss zu erlassen gedenkt, so dass sie auch nicht zu erkennen in der Lage sind, wann die Fünfmonatsfrist abläuft.
In einem weiteren Fall hat es das AG Bonn (406 F 3/10) noch kurioser getrieben. Zugrunde lag wiederum ein Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG. Zunächst wird zwar über die zutreffende Zwei-Wochen-Frist für eine Beschwerde belehrt – allerdings wiederum mit der Ausschlussfrist von fünf Monaten nach Ablauf der Verkündung. Jetzt heißt es aber, dass die Beschwerde auch beim AG Düsseldorf (?) eingelegt werden könne oder sogar beim OLG Bonn (!). Bis dato war mir gar nicht bekannt, dass jetzt auch Bonn ein OLG vorhält.
Fazit: Rechtsmittelbelehrungen in Kostensachen sollten mit äußerster Vorsicht und Achtsamkeit betrachtet werden.
Verlässt sich der Anwalt auf die gerichtliche Rechtsmittelbelehrung, ist er verlassen.
Da ein Anwalt grundsätzlich schlauer sein muss als das Gericht, ist es zweifelhaft, dass er im Hinblick auf eine falsche Rechtsmittelbelehrung eine Wiedereinsetzung erhält. Besser ist es daher, sich nicht auf die Belehrung des Gerichts zu verlassen und selbst die Voraussetzungen für die Einlegung des Rechtsmittels zu prüfen.
Autor: Norbert Schneider
Norbert Schneider
AGS 4/2014, S. II