Leitsatz
Bei einer Stufenklage, die insgesamt abgewiesen wird, nachdem nur über die Auskunftsstufe verhandelt worden war, ist als Streitwert der erwartete Zahlungsbetrag festzusetzen. Etwas anderes gilt nur für die erstinstanzliche Terminsgebühr, da diese Gebühr vor dem Erlass des Urteils lediglich im Streit um den Auskunftsanspruch entstanden ist.
OLG Koblenz, Beschl. v. 2.9.2013 – 2 W 366/13
1 Sachverhalt
Im Wege einer Stufenklage hat die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Zahlung eines von diesem bei einer Schuldnerin eingezogenen – der Klägerin der Höhe nach unbekannten – Betrages geltend gemacht. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG hat die Klägerin nur "die Klageforderung aus der ersten Stufe" als Antrag geltend gemacht hat. Durch zwischenzeitlich rechtskräftiges Urteil hat das LG die Stufenklage insgesamt abgewiesen, da die Klägerin einen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung nicht hinreichend dargetan habe.
Das LG hat dabei den Streitwert – in Höhe von klägerseits behaupteten Ansprüchen – auf 13.531,88 EUR festgesetzt. Gegen diese Festsetzung wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, mit welcher sie eine Reduzierung des Streitwertes auf 1/10 der landgerichtlichen Festsetzung begehrt, da ihrerseits in der mündlichen Verhandlung nur der Auskunftsantrag gestellt worden sei. Zumindest sei der Gegenstandswert für die Terminsgebühr deutlich reduziert festzusetzen.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem OLG Koblenz zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur Erfolg, soweit sie sich gegen die die erstinstanzliche Terminsgebühr betreffende Festsetzung des Streitwertes wendet.
Zu Recht hat das LG den Streitwert für die in Ansatz zu bringenden gerichtlichen Gebühren in Höhe jenes Betrages festgesetzt, den die Klägerin als eigentlichen Zahlungsbetrag letztlich erwartet hatte. Weist ein Gericht – wie hier in zulässiger Weise – bei einer Stufenklage bereits im Rahmen der ersten Stufe die Klage insgesamt ab, wird damit dem Kläger die Dispositionsbefugnis über den Hauptanspruch entzogen. Das kann – entgegen der Auffassung der Klägerin – bei der Festsetzung des Streitwerts nicht unberücksichtigt bleiben, da – unabhängig von dem in der mündlichen Verhandlung nur auf den (isoliert betrachtet deutlich geringwertigeren) Auskunftsanspruch beschränkt gestellten Antrag – das Urteil die Klage insgesamt abgewiesen hat und die Klägerin hierdurch mit dem vollen Wert des mit der Klage verfolgten Anspruchs beschwert hat.
Entsprechende Überlegungen gelten – von der Terminsgebühr abgesehen – auch für die erstinstanzlich angefallenen außergerichtlichen Gebühren, für welche ebenfalls der Streitwert des Leistungsanspruchs zugrunde zu legen ist. Verfahrensgegenstand – und damit Gegenstand der Beauftragung und Tätigkeit der erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten – wird nämlich von vornherein auch der erst später bezifferbare Leistungsanspruch, was sich auch daran zeigt, dass durch die Erhebung der Stufenklage nicht nur für den Auskunftsanspruch, sondern auch im Hinblick auf den letztlich verfolgten Leistungsanspruch die Verjährung gehemmt wird (vgl. auch AnwK-RVG/Onderka/Schneider, Vorbem. 3 VV Rn 89). Der Beschluss des BGH v. 12.3.1992 (MDR 1992, 1091) steht diesem Ergebnis nicht entgegen, da der dortigen Entscheidung ein Berufungsverfahren zugrunde lag, dessen Gegenstand nur das Teilurteil über den vom LG zugesprochenen Auskunftsanspruch war, der Leistungsanspruch als Verfahrensgegenstand also beim LG verblieben war.
Für die erstinstanzlich angefallene Terminsgebühr ist dagegen bei der Festsetzung des insoweit maßgeblichen Streitwertes zu berücksichtigen, dass diese Gebühr vor dem Erlass des Urteils lediglich im Streit um den Auskunftsanspruch, auf welchen sich der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag der Klägerin beschränkt hat, entstanden ist (vgl. OLG Celle OLGR 2009, 487; BGH, a.a.O.). Den Wert des Auskunftsanspruchs veranschlagt der Senat hier mit rund 1/5 des eigentlichen Hauptsachewertes, was zu dem obigen Tenor führt.
3 Anmerkung
Die Entscheidung des OLG enthält einige richtige Ansätze, lässt aber erkennen, dass die Systematik bei der Streitwertfestsetzung nach dem GKG und dem RVG bei der Stufenklage nicht von derjenigen kognitiven Stringenz getragen ist, die das Gesetz vorsieht.
Bei der Stufenklage werden mit der Erhebung der Klage alle Stufen rechtshängig. Für die Wertberechnung ist grundsätzlich der höhere der verbundenen Ansprüche gem. § 44 GKG maßgebend. Es findet daher keine Addition der Werte der einzelnen Stufen statt. Mit der Klageerhebung, gerichtet auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung und Leistung, wird auch der noch unbezifferte Leistungsantrag rechtshängig.
In der Ausgangssituation der noch nicht bezifferten Leistungsstufe hat das Gericht bei der Streitwertfestsetzung nach dem GKG das wirtschaftliche Interesse, bezogen auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung gemäß § 40 GKG, nach freiem Ermessen zu bewerten (§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO). Grundlage bei der gebotene...