1. Erteilung der Bestätigung nach Art. 20 EU-BagatellVO
a) Verfahrensrechtliches
In Deutschland in einem europäischen Verfahren ergangene Urteile werden in den anderen EU-Mitgliedsstaaten vollstreckt und anerkannt, ohne dass es eines besonderen Exequaturverfahrens bedarf (Art. 20 Abs. 1 EU-BagatellVO). Für die Vollstreckung ist gem. Art. 21 Abs. 2 EU-BagatellVO neben der Urteilsausfertigung insbesondere auch eine Bestätigung nach Art. 20 Abs. 2 EU-BagatellVO vorzulegen. Zuständig ist nach § 1106 Abs. 1 ZPO das Gericht, dem die Erteilung der Vollstreckungsklausel obliegt, also das Prozessgericht, dort der Rechtspfleger (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 RPflG). Vor der Erteilung der Bestätigung ist der Schuldner zu hören (§ 1106 Abs. 2 S. 1 ZPO).
Wird der Antrag auf Erteilung der Bestätigung zurückgewiesen, so gelten die Vorschriften über die Anfechtung der Entscheidung über die Vollstreckungsklausel entsprechend (§ 1106 Abs. 2 S. 2 ZPO).
b) Gerichtskosten
Die Bestätigung ist gem. Art. 20 Abs. 2 EU-BagatellVO ohne besondere Kosten auszustellen. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden deshalb nicht erhoben.
c) Anwaltskosten
Für die Ausstellung der Bestätigung fehlt eine ausdrückliche Regelung im RVG. Es ist jedoch wie bei Bestätigungen nach § 1079 ZPO davon auszugehen, dass die Tätigkeit dem Erkenntnisverfahren zuzuordnen ist, da sie ähnlich wie die Erteilung der Vollstreckungsklausel notwendige Voraussetzung für die Vollstreckung ist. § 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 9a Buchst. a) RVG wird deshalb wohl analog auf die Bestätigungen nach § 1106 ZPO anzuwenden sein, da kein Grund ersichtlich ist, Bestätigungen, die nach anderen europarechtlichen Regelungen erteilt werden, dem Erkenntnisverfahren zuzuordnen, die nach der EU-BagatellVO jedoch nicht.
Beispiel
Wegen eines Anspruchs von 1.500,00 EUR wird ein Europäisches Verfahren betrieben. Es findet eine mündliche Verhandlung statt. Das Gericht erlässt antragsgemäß Urteil. Da es in Frankreich vollstreckt werden soll, beantragt der Anwalt auch die Bestätigung nach Art. 20 EU-BagatellVO.
Es sind folgende Kosten entstanden:
Gerichtskosten
3,0-Verfahrensgebühr, Nr. 1210 GKG-KostVerz., Wert: 1.500,00 EUR |
213,00 EUR |
Für die Erteilung der Bestätigung nach Art. 20 EU-BagatellVO entstehen keine gesonderten Gerichtskosten.
Anwaltsvergütung
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV, Wert: 1.500,00 EUR |
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149,50 EUR |
2. |
1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV, Wert: 1.500,00 EUR |
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138,00 EUR |
3. |
Postpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
307,50 EUR |
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4. |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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58,43 EUR |
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Gesamt |
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365,93 EUR |
Obwohl eine ausdrückliche Regelung im RVG für das Verfahren über die Erteilung der Bestätigung nach Art. 20 EU-BagatellVO nach § 1106 ZPO fehlt, ist davon auszugehen, dass diese Tätigkeit noch dem Erkenntnisverfahren zuzuordnen ist, so dass keine gesonderte Vergütung anfällt.
2. Zurückweisung des Antrags auf Ausstellung einer Bestätigung
a) Verfahrensrechtliches
Wird der Antrag auf Erteilung der Bestätigung zurückgewiesen, so gelten die Vorschriften über die Anfechtung der Entscheidung über die Vollstreckungsklausel entsprechend (§ 1106 Abs. 2 S. 2 ZPO). Es ist die sofortige Beschwerde (§ 567 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG) einzulegen und nicht die Erinnerung nach § 573 oder § 732 ZPO, da es sich um eine Entscheidung des Rechtspflegers handelt.
b) Sofortige Beschwerde (§ 567 ZPO)
Es entsteht eine Gebühr nach Nr. 1812 GKG-KostVerz., da nur das Verfahren über die Erteilung der Bestätigung selbst gebührenfrei ist. Es handelt sich um eine Fest- und Verfahrensgebühr, die 60 EUR beträgt. Die Gebühr entsteht jedoch nur dann, wenn die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird. Das Gericht kann die Gebühr bei Teilverwerfung oder Teilzurückweisung nach billigem Ermessen auf die Hälfte reduzieren oder anordnen, dass überhaupt keine Gebühr zu erheben ist (Anm. zu Nr. 1812 GKG-KostVerz.). Auslagen sind nach Nrn. 9000 ff. GKG-KostVerz. anzusetzen. Zustellungskosten sind von der ersten Zustellung an in Ansatz zu bringen, da es sich um eine Festgebühr handelt.
Ist die Beschwerde erfolgreich, bleibt das Verfahren im Hinblick auf Art. 20 Abs. 2 EU-BagatellVO kostenfrei. Auch bei Rücknahme der Beschwerde fällt keine Gebühr an.
Teilweise wird die Auffassung vertreten, für das Beschwerdeverfahren entstünde eine Gebühr nach Nr. 2121 GKG-KostVerz., die nur 30,00 EUR beträgt. Diese Auffangregelung gilt jedoch nur, wenn es sich um ein Zwangsvollstreckungsverfahren nach der ZPO handelt, da sie in Teil 2 GKG-KostVerz. eingestellt ist. Das Verfahren nach § 1106 ZPO gehört aber noch nicht zur Vollstreckung, sondern soll diese nur vorbereiten. Da nach § 1106 Abs. 1 ZPO für die Ausstellung der Bestätigung das Gericht zuständig ist, welches eine Vollstreckungsklausel zu erteilen hätte, wird man das Verfahren nach § 1106 ZPO deshalb dem Teil 1 GKG-KostVerz. über zivilrechtliche Verfahren zuordnen müssen. Dann gilt aber Nr. 2121 GKG-KostVerz. nicht und es muss auf die Auffangregelung der Nr. 1812 GKG-KostVerz. zurückgegriffen werden.
Hinsichtlich der Anwaltsvergütung handelt es sich um eine besondere Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG). Für das Beschwerdeverfahren nach § 793 ZPO fallen eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 VV und gegebenenfalls eine Terminsgebühr nach Nr. 3513 ...