Leitsatz
Ein im Rechtsstreit beigetretener Streithelfer kann jedenfalls dann für die von ihm unterstützte Partei im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren Rechtsmittel einlegen, wenn das Kostenfestsetzungsverfahren die Kosten eines vom Streithelfer für die unterstützte Partei eingelegten Berufungsverfahrens betrifft.
OLG Schleswig, Beschl. v. 16.12.2014 – 9 W 182/14
1 Sachverhalt
Der Kläger hatte den Beklagten aus einem Garantievertrag in Anspruch genommen, den er anlässlich eines Kaufvertrages über ein Kraftfahrzeug geschlossen hatte. Der Beklagte verkündete dem Garantieversicherer den Streit, der dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beitrat. Das LG gab der Klage teilweise statt. Die hiergegen durch die Streithelferin des Beklagten eingelegte Berufung wies das OLG gem. § 522 Abs. 2 ZPO wegen fehlender Erfolgsaussicht zurück. Die Kosten des Berufungsverfahrens erlegte er der Beklagten auf; die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin waren von dieser zu tragen.
Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss setzte die Rechtspflegerin die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten des Berufungsrechtszuges auf 2.069,65 EUR nebst Zinsen fest. Dem lag der Kostenfestsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers zugrunde, der neben einer 1,6-Verfahrensgebühr auch eine 1,2-Terminsgebühr in Höhe von netto 679,20 EUR enthielt und vor Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses nur an den Prozessbevollmächtigten des Beklagten zur Stellungnahme übersandt wurde.
Gegen den ihr nicht zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss wendet sich die Streithelferin mit ihrer sofortigen Beschwerde. Sie rügt, dass sie am Kostenfestsetzungsverfahren nicht beteiligt wurde, obwohl sie die von ihr angeforderten Gerichtskosten für das Berufungsverfahren gezahlt habe. Zudem sei fehlerhaft eine Terminsgebühr angesetzt worden, da ein Termin in der Berufungsinstanz nicht stattgefunden habe. Schließlich seien die festgesetzten Kosten auch fehlerhaft berechnet.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde der Streithelferin des Beklagten ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Rückgabe an das LG zum Zwecke der erneuten Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers hinsichtlich des Berufungsrechtszuges.
1. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
a) Insbesondere ist die Streithelferin der Beklagten beschwerdeberechtigt. Zwar ist streitig, ob im Kostenfestsetzungsverfahren eine Streithilfe möglich ist (dagegen z.B. Schultes, in: MüKo zur ZPO, 4. Aufl. 2013, § 66 Rn 2 unter Verweis OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.4.1996 – 11 W 44/96, NJW-RR 1997, 509; LAG München, Beschl. v. 18.9.2008 – 10 Ta 204/06; dafür OLG Celle, Beschl. v. 30.11.2012 – 2 W 306/12, NJW-RR 2013, 446 ff.; Weth, in: Musielak, ZPO 11. Aufl. 2014, § 66 Rn 3; Herget, in: Zöller, ZPO 30. Aufl. 2014, § 104 Rn 21 Stichwort "Nebenintervention"; ohne weitere Begründung OLG Hamburg, Beschl. v. 5.3.2012 – 8 W 18/12). Die besseren Gründe sprechen dafür, dass zumindest ein in dem Rechtsstreit beigetretener Streithelfer für die von ihm unterstützte Partei auch im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren ein Rechtsmittel einlegen kann. Der von der Gegenansicht zitierten Entscheidung des OLG Karlsruhe, die sich mit der Streithilfe im sog. Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 19 BRAGO befasst, lassen sich wegen der dortigen Besonderheiten des Verfahrens keine Argumente gegen eine Anwendbarkeit des § 66 ZPO im Kostenfestsetzungsverfahren des §§ 103 ff. ZPO entnehmen. Insbesondere überzeugt die Erwägung des OLG Celle, dass der gesetzgeberische Zweck der Streitverkündung, nämlich einem Dritten die Einflussnahme auf ein zwischen anderen Parteien anhängiges streitiges Verfahren durch Unterstützung einer Partei dann zu ermöglichen, wenn sich die Entscheidung dieses Verfahrens auf die eigene Rechtsstellung auswirken kann, auch für das auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtete Kostenfestsetzungsverfahren zutrifft. Das gilt jedenfalls dann, wenn dieses Kostenfestsetzungsverfahren die Kosten eines vom Streithelfer für die unterstützte Partei eingelegten erfolglosen Berufungsverfahrens betrifft, für das der Streithelfer die Gerichtskosten nach entsprechender Aufforderung durch das Berufungsgericht eingezahlt hat.
b) Die sofortige Beschwerde ist auch nicht verfristet. Da die Streithelferin der Beklagten nicht am Kostenfestsetzungsverfahren beteiligt worden und die Übersendung des Kostenfestsetzungsbeschlusses an sie unterblieben ist, hat der am 21.10.2014 vorab per Fax eingegangene Beschwerdeschriftsatz jedenfalls die fünfmonatige Beschwerdefrist der §§ 104 Abs. 3 S. 1, 569 Abs. 1 S. 1, S 2 Hs. 2 ZPO gewahrt.
2. Die sofortige Beschwerde ist begründet. Die Rechtspflegerin des LG hat den Anspruch der Streithelferin des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 GG verletzt, weshalb ihre Entscheidung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen...