Leitsatz
- Im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren hat der Rechtspfleger die Kostenvereinbarung eines gerichtlichen Vergleichs der Parteien ausschließlich anhand des Wortlauts umzusetzen.
- Fehlt jeder Anhalt für einen vom schriftlich Fixierten abweichenden übereinstimmenden Parteiwillen (fehlende "Andeutung"), bedarf es auch nicht der dienstlichen Stellungnahme des protokollierenden Richters zur Interpretation des Vergleichsinhalts durch nur eine Partei.
OLG Koblenz, Beschl. v. 21.9.2015 – 14 W 585/15
1 Aus den Gründen
Die zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist unbegründet. Dem der Kostenfestsetzung nach § 103 Abs. 1 ZPO zugrundeliegenden Prozessvergleich als Vollstreckungstitel lässt sich nicht entnehmen, dass der Kläger mehr als 2/3, nämlich 9/10, der anwaltlichen Verfahrensgebühren zu tragen hat.
Wie das LG zutreffend feststellt, spricht Nr. 3 S. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleiches nur von der Verfahrensgebühr im Singular, was gut dahin verstanden werden kann, dass allein die gerichtliche Verfahrensgebühr (Singular) und nicht (auch) die anwaltlichen Verfahrensgebühren (Plural) von der den Beklagten privilegierenden Teilkostenregelung erfasst werden. Die Feststellung des LG entspricht also dem Wortlaut der Vereinbarung zwischen den Parteien und bedarf keiner Auslegung, die nur auf gedachten textlichen Ergänzungen ("jeweilige Verfahrensgebühr", "Verfahrensgebühr des Gerichtes und der Bevollmächtigten") fußt.
Richtig sieht der Beklagte, dass der Titel selbst der Auslegung fähig ist. Es genügt jedoch nicht, wenn auf Urkunden Bezug genommen wird, die nicht Bestandteil des Titels sind, oder wenn sonst die Leistung nur aus dem Inhalt anderer Schriftstücke ermittelt werden kann (BGH NJW 2013, 1033 Rn 17 m.w.N., zitiert nach juris). Die Heranziehung und Würdigung anderer Umstände als des Textes des Kostentitels ist nicht statthaft (Zöller/Herget, ZPO, § 104 Rn 21 – Auslegung). Die Erwägungen des Beklagten zur Auslegung der Formulierung im geschlossenen Vergleich scheitern danach schon im Ansatz, weil sie über den Wortlaut des Vergleiches hinausgehende Aspekte einbeziehen. Deshalb war auch keine Stellungnahme des erstinstanzlichen Richters, der den Vergleichsvorschlag unterbreitet hat, einzuholen.
Allerdings hilft dem Beklagten auch über den Wortlaut hinaus sein eigenes Bekunden – zumal es bestritten ist – nicht, um zu einem abweichenden Ergebnis zu gelangen. Es ist zu sehen, dass schon der schriftliche Vergleichsvorschlag in gleicher Weise formuliert war wie der festgestellte Text, ohne dass der Beklagte hiergegen opponiert oder auf eine weitergehende Klarstellung angetragen hatte. Urkunden, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass der Kläger 90 % der anwaltlichen Verfahrensgebühren tragen sollte, sind nicht vorhanden. Ob sich die Erklärung des Bevollmächtigten des Klägers, er werde Teile der Kosten übernehmen, nur auf die Gerichtsgebühren oder auch die anwaltliche Vergütung bezieht, ist dem Schreiben nicht differenziert zu entnehmen. Die von dem Beklagten vorgetragene Motivation für seine Sicht der Dinge ist offenbar einseitig geblieben. Der Kläger hat eine dahingehende Vereinbarung bestritten, und der Wortlaut des Vergleiches trägt sie nicht.
Mitgeteilt von RiOLG Ernst Weller, Koblenz
AGS 4/2016, S. 203 - 204