Die älteren Kolleginnen und Kollegen erinnern sich: Zu BRAGO-Zeiten spielte im sog. Forderungsmanagement und im Volumeninkasso die Geschäftsgebühr gem. § 118 Abs. 1 BRAGO eher selten eine Rolle, da diese Geschäftsgebühr in vollem Umfang auf die spätere Prozessgebühr anzurechnen war.
Lediglich in den Fällen, bei denen sich der Schuldner "bequemte", die geltend gemachte Hauptforderung auszugleichen, wurde und musste die Geschäftsgebühr – vorausgesetzt, eine Anspruchsgrundlage existierte – gesondert eingeklagt werden.
Mit der Neuregelung Vorbem. 3 Abs. 4 VV änderte sich die Situation zugunsten der Anwaltschaft in der Weise, dass nur eine Teilanrechnung vorzunehmen war, so dass dem Rechtsanwalt bei Weiterverfolgung des Anspruchs im gerichtlichen Verfahren oder im Mahnverfahren ein Teil der Geschäftsgebühr verblieb.
Kehrseite der Medaille war es dann natürlich, dass der eigene Gläubigermandant nunmehr mit diesem Teil der Gebühren – zumindest zunächst – belastet blieb und von seinem Rechtsanwalt erwartete und erwarten konnte, dass dieser "Kollateralschaden" ebenfalls beim Schuldner geltend gemacht wurde.
In der Rspr. führte dies bekanntlich zu kuriosen Blüten, und durch Schaffung von § 15a RVG wurde ein erheblicher Teil der durch den VIII. Zivilsenat des BGH verursachten Probleme beseitigt. Wer nun allerdings glaubte, das Problem "Erstattung der Geschäftsgebühr" sei vom Tisch, sah sich getäuscht.
Sowohl in der Lit. als auch in der Rspr. wurde bisweilen in einer wenig nachvollziehbaren Schuldnerschutzhysterie nach Wegen gesucht, den säumigen Schuldner jedenfalls von einer auch nur anteiligen Geschäftsgebühr zu entlasten, um gleichzeitig dem Rechtsanwalt jenen Gebührenanteil zu nehmen, den ihm der Gesetzgeber aus guten Gründen mit dem RVG zugedacht hatte. Zumindest wollte man die außergerichtliche Tätigkeit mit einer Honorierung nach Nr. 2301 VV als ausreichend abgegolten ansehen.
Damit nicht genug, wird bisweilen von Gerichten der Anspruch auf Erstattung der nun einmal entstandenen Geschäftsgebühr mit der Begründung zurückgewiesen, ein bezifferter Zahlungsanspruch sei nicht gegeben, bis der Gläubigermandant seinen Rechtsanwalt selbst bezahlt habe, und auf keinen Fall könne man eine Erstattung verlangen, wenn die Geschäftsgebühr möglicherweise dem eigenen Mandanten noch gar nicht in Rechnung gestellt worden sei. Hier habe der betroffene Rechtsanwalt sein Ermessen nach § 14 Abs. 1 RVG ja noch nicht einmal ausgeübt, so dass er dann auch nicht vom Kostenschuldner die Erstattung (beispielsweise eine 1,3-Geschäftsgebühr) verlangen könne.
Die nachfolgenden Formulierungsvorschläge sollen derartigen Rechtsirrtümern entgegengetreten und können vielleicht helfen, die Geschäftsgebühr doch noch erfolgreich gegen den säumigen Schuldner durchzusetzen.
Besonders hilfreich ist hierbei die erfrischende Entscheidung des IX. Zivilsenats des BGH v. 17.9.2015, die eine deutliche Sprache spricht, rechtliche Selbstverständlichkeiten mit zahlreichen Zitaten in Erinnerung ruft und dem klugen Gedanken wieder Geltung verschafft, dass es jeder Schuldner selbst in der Hand hat, "sich vertragstreu zu verhalten und auf diese Weise den materiellen Kostenerstattungsanspruch des Gläubigers gar nicht erst zur Entstehung gelangen zu lassen."
Wer also im Interesse des Mandanten "je nach Gusto" im Hauptverfahren als Nebenforderung die nach Anrechnung verbliebene anteilige Geschäftsgebühr (dann später keine Berücksichtigung im Kostenfestsetzungs- und Kostenausgleichsverfahren) oder die volle Geschäftsgebühr für seinen Mandanten geltend macht, könnte etwa wie folgt formulieren:
"Die Beklagte schuldet auch die bereits mit dem Aufforderungsschreiben geltend gemachte Geschäftsgebühr in Höhe von … EUR."
Bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung der Anwaltskanzlei befand sich der Beklagte im Zahlungsverzug (dies ist auszuführen).
Die mit der Beauftragung bereits entstandene Geschäftsgebühr (vgl. Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV) ist damit bereits als Schaden beim Kläger entstanden.
Unerheblich ist es auch, ob diese Gebühr durch den Kläger bereits an seinen Rechtsanwalt gezahlt wurde oder ob sie dem Kläger gegenüber bereits berechnet wurde. Aufgrund der endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung durch den Beklagten hat sich der zunächst beim Kläger entstandene Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch umgewandelt, so dass schon jetzt eine Bezifferung möglich ist.
Hierbei ist es gleichgültig, ob die Anwaltskanzlei dem Kläger bereits eine Rechnung überlassen hat oder nicht.
Dies wird in der Regel schon deshalb nicht der Fall sein, weil zum Zeitpunkt der Absendung des Mahnschreibens an den Beklagten noch gar nicht feststeht, ob und wann der außergerichtliche Vertretungsauftrag sein Ende findet. Bekanntlich wird die anwaltliche Vergütung erst mit Beendigung des Auftrages fällig (vgl. § 8 Abs. 1 RVG), und der Rechtsanwalt ist auch nicht gezwungen, nach § 9 RVG einen Vorschuss von seinem Mandanten zu verlangen.
Wenn der beauftragte Rechtsanwalt demgemäß mit dem Aufforde...