Leitsatz

Ist der Verteidiger im Beschwerdeverfahren über den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung vollumfänglich beauftragt, entsteht eine Beschwerdegebühr Nr. 4200 VV i.V.m. Vorbem. 4.2 VV, auch wenn der zuvor Verurteilte selbst das Rechtsmittel eingelegt hat. Es handelt sich dann nicht um eine Einzeltätigkeit nach Teil 4 Abschnitt 3 VV.

LG Berlin, Beschl. v. 3.7.2015 – 502 Qs 77/15

1 Aus den Gründen

Zu Recht hat die Verteidigerin als Zessionarin des Verurteilten die Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 4200 Nr. 3 VV nebst zugehöriger Pauschalen beantragt.

Die Verfahrensgebühr nach Nr. 4200 Nr. 3 VV gilt für die Tätigkeit eines Verteidigers im Verfahren über den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung. Ausweislich der Vorbem. 4.2 VV entsteht sie im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung in der Hauptsache besonders. Damit entsprach die vorliegende Tätigkeit der Rechtsanwältin dem von ihr beanspruchten Gebührentatbestand. Die sofortige Beschwerde gegen den amtsgerichtlichen Beschluss über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung richtete sich gegen die Entscheidung in der Hauptsache. Die Verteidigerin war im Beschwerdeverfahren vollumfänglich beauftragt, zumal das vorliegend durch den Verurteilten selbst erfolgte Einlegen des Rechtsmittels noch einer (hier nicht erfolgten) Vertretung im Ausgangsverfahren der strafvollstreckungsrechtlichen Tätigkeit zuzurechnen gewesen wäre (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 21. Aufl., Vorbem. 4.2 VV Rn 3). Eine Einzeltätigkeit i.S.v. Nr. 4301 Nr. 6 VV lag damit nicht vor (vgl. Gerold/Schmidt, a.a.O., Nr. 4301 VV Rn 20).

Entgegen § 309 Abs. 2 StPO kann die Strafkammer nicht in der Sache selbst entscheiden. Die Zurückverweisung ist unumgänglich, weil die Rechtspflegerin des AG Tiergarten nicht in die umfassende Prüfung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist, was einen im Beschwerderechtszug nicht heilbaren Verfahrensmangel darstellt.

Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat das AG zu entscheiden. Das Beschwerdeverfahren ist ein selbstständiges, in sich abgeschlossenes Verfahren, dem durch die Zurückverweisung der Sache nur ein vorläufiger Erfolg beschieden ist. Maßgebend für den Rechtsmittelerfolg ist daher erst die abschließende Sachentscheidung, an der es bisher fehlt.

Entnommen von www.burhoff.de

AGS 4/2016, S. 172

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