Die Beschwerde der Beklagten ist begründet. Die Beklagte kann von der Klägerin Erstattung ihrer hypothetischen Reisekosten von B. nach Stralsund für die beiden erstinstanzlichen Termine vor dem ArbG verlangen.
1. Die Beklagte hat gegen die Klägerin gem. § 91 Abs. 1 ZPO Anspruch auf Erstattung der erstinstanzlichen Anwaltskosten in Höhe ihrer ersparten Reisekosten.
a) Reisekosten sind notwendige Kosten i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO, wenn eine Partei in der konkreten Lage die die Kosten verursachende Reise vernünftigerweise als sachdienlich ansehen darf (BAG v. 17.8.2015 – 10 AZB 27/15, NJW 2015, 3053 = NZA 2015, 1150 [= AGS 2015, 483]). Dabei ist jede Prozesspartei verpflichtet, die Kosten ihrer Prozessführung, die sie im Falle eines Sieges vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt. Diese Verpflichtung beherrscht als Ausdruck von Treu und Glauben das gesamte Kostenrecht (BAG a.a.O.; BGH v. 2.5.2007 – XII ZB 156/06, MDR 2007, 1160 [= AGS 2007, 541]).
b) Erscheint die Partei nicht selbst, sondern entsendet sie einen Prozessbevollmächtigten, sind die durch diesen entstehenden Kosten im Rahmen hypothetisch berechneter Reisekosten, die der Partei sonst entstanden wären, grundsätzlich erstattungsfähig (vgl. Germelmann, in: Germelmann/Mattes/Prütting, § 12a ArbGG Rn 22; Schleusner, in: GK-ArbGG, § 12a ArbGG Rn 46; Schwab/Weth/Vollstädt, § 12a ArbGG Rn 25). Zwar sind nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG die Kosten für die Beiziehung eines Prozessbevollmächtigten erstinstanzlich nicht erstattungsfähig. Durch diese Regelung soll das Kostenrisiko der Partei begrenzt werden. Sie soll aber nicht dadurch begünstigt werden, dass die erstattungsberechtigte Gegenpartei nicht selbst erscheint, sondern einen Prozessbevollmächtigten entsendet. Das folgt aus dem vom Gesetz verfolgten Zweck, die durch einen Prozessbevollmächtigten eintretende Verteuerung des Prozesses zu verhindern, nicht jedoch Kostenerstattungsansprüche schlechthin auszuschließen (vgl. Schaub, Arbeitsgerichtsverfahren, § 49 Rn 12). Alle außergerichtlichen Kosten der Partei, die nicht in § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG genannt sind, bleiben erstattungsfähig (vgl. Schwab/Weth/Vollstädt, § 12a ArbGG Rn 19).
c) (Hypothetische) Reisekosten der Partei vom Sitz des Unternehmens zum Gerichtsort können auch dann notwendig i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO sein, wenn der Rechtsstreit am Erfüllungsort des Arbeitsverhältnisses geführt wird.
aa) Die prozessuale Möglichkeit, Klagen gem. § 29 Abs. 1 ZPO am Erfüllungsort oder in arbeitsrechtlichen Verfahren am gewöhnlichen Arbeitsort gem. § 48 Abs. 1a ArbGG erheben zu können, besagt noch nichts über den Umfang der Kostentragungspflicht nach § 91 Abs. 1 ZPO. Die gesetzlichen Gerichtsstandsregelungen haben keinen kostenrechtlichen Bezug (BAG v. 17.8.2015 a.a.O.). Auch aus § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG, der diesen kostenrechtlichen Bezug hat, folgt für die vorliegende Konstellation keine Besonderheit. Diese Norm schließt im ersten Rechtszug nur einen Entschädigungsanspruch der obsiegenden Partei wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten aus. (Hypothetische) Reisekosten der obsiegenden Partei werden von dieser Regelung nicht berührt. Insoweit bleibt es bei dem oben geschilderten Grundsatz eines Kostenerstattungsanspruchs der obsiegenden Partei i.V.m. dem Erfordernis eines möglichst kostenschonenden Vorgehens.
bb) Danach wird die Notwendigkeit von Reisekosten der Partei zum Gerichtsstand des Erfüllungsorts häufig ausgeschlossen sein. Dies ist aber nicht zwingend der Fall. Für die Frage der Notwendigkeit der Reisekosten i.S.v. § 91 Abs. 1 ZPO kommt es darauf an, ob eine ordnungsgemäße Prozessführung durch Mitarbeiter der Partei am Ort des Prozessgerichts möglich wäre (BAG v. 17.8.2015 a.a.O.; Koch, in: ErfK, § 12a ArbGG Rn 4). Dabei ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abzustellen (BAG v. 17.8.2015 a.a.O.; BAG v. 21.1.2004 – 5 AZB 43/03, AP Nr. 37 zu § 91 ZPO = NZA 2004, 398 [= AGS 2004, 364]).
d) Die (hypothetischen) Reisekosten der Beklagten von B. nach Stralsund waren im vorliegenden Fall notwendig. Der Beklagten war es nicht möglich, den Rechtsstreit durch einen ihrer Mitarbeiter aus der Betriebsstätte in A-Stadt zu führen.
Am Standort A-Stadt beschäftigt die Beklagte nahezu ausschließlich gewerbliche Arbeitnehmer, denen die Vertretung vor Gericht nicht übertragen werden kann. Der ranghöchste in A-Stadt beschäftigte Arbeitnehmer ist der Disponent, der gleichzeitig die Niederlassung leitet. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Person in der Lage gewesen wäre, die Interessen der Beklagten in der vorliegenden Zahlungsklage, die auf den Gesichtspunkt des Equal Pay (§ 10 AÜG) gestützt war, hinreichend kompetent zu führen.
Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass der Niederlassungsleiter wenigstens eine kaufmännische Ausbildung genossen hat, könnte man daraus noch nicht auf eine ausreichende Kompe...