Leitsatz
Beansprucht der gerichtlich bestellte Verteidiger die ihm als Wahlverteidiger zustehenden Gebühren, steht ihm ein Längenzuschlag nach Nr. 4116 VV nicht zu.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 3.11.2015 – 2 Ws 277/15
1 Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft hatte im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus beantragt. Die Hauptverhandlung, an der der Beschwerdeführer als gerichtlich bestellter Verteidiger umfassend teilnahm, fand am 9., 19. und 24.2.2015 statt, wobei die Sitzungen am 9.2.2015 von 9:00 Uhr bis 14:55 Uhr (mit längerer Unterbrechung von 12:33 Uhr bis 14:00 Uhr) und am 24.2.2015 von 9:15 Uhr bis 14:20 Uhr (mit längerer Unterbrechung von 10:55 Uhr bis 14:05 Uhr) dauerten. Mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Urteil lehnte das LG den Antrag auf Unterbringung des Beschuldigten ab und bestimmte, dass die notwendigen Auslagen des Beschuldigten von der Staatskasse zu tragen sind.
Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin die Kostenfestsetzung auf der Grundlage seiner Vergütung als Wahlverteidiger, wobei er für die Hauptverhandlung am 9. und 24.2.2015 einen Längenzuschlag von jeweils 560,00 EUR gem. Nr. 4116 VV geltend machte. Er legte hierzu später eine Vereinbarung vor, mit der der Erstattungsanspruch an ihn abgetreten war.
Das LG setzte die beantragten Längenzuschläge ab. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Der mit der sofortigen Beschwerde weiter verfolgte Gebührenanspruch besteht nicht. Der Längenzuschlag nach Nr. 4116 VV steht dem gerichtlich bestellten Verteidiger nur dann zu, wenn die ihm als bestelltem Verteidiger zustehenden Gebühren beansprucht werden. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung ist die gesetzliche Regelung eindeutig. In der Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, das dem RVG zugrunde liegt, heißt es dazu ausdrücklich: "Die vorgeschlagene Regelung [die inhaltlich mit Nr. 4116 VV übereinstimmende Nr. 4110 VV] ist auf den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt beschränkt. Es besteht kein Anlass, sie auf den Wahlanwalt auszudehnen, weil diesem eine Rahmengebühr zusteht. Innerhalb dieses Rahmens kann er die jeweils angemessene Terminsgebühr bestimmen, wobei die Dauer des jeweiligen Hauptverhandlungstermins eine nicht unerhebliche Rolle spielen wird" (BT-Drucks 15/1971, S. 224).
Darauf, ob dem geltend gemachten Anspruch entgegensteht, dass bei Herausrechnung der längeren Unterbrechungen die Sitzungsdauer fünf Stunden jeweils nicht überschritt (vgl. dazu OLG Karlsruhe StraFO 2014, 39 [= AGS 2013, 573]; Burhoff, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl. 2012, VV 4108–4111 Rn 26, jew. m.w.N.), kam es danach nicht mehr an.
Entnommen von www.burhoff.de
AGS 4/2016, S. 170 - 171