1. Höhe der Gebühren
Wird der Anwalt beauftragt, eine Schutzschrift einzureichen, so handelt es sich stets um einen Auftrag, in einem gerichtlichen Verfahren tätig zu werden. Der Anwalt kann deshalb eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV geltend machen, wenn ein allgemeiner Verfahrensauftrag vorliegt, da es für die Entstehung der Gebühr genügt, dass der Schriftsatz Sachvortrag enthält. Dabei ist es auch unerheblich, dass sich der Sachvortrag in der Schutzschrift von einer Entgegnung auf den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung dadurch unterscheidet, dass er unter Umständen auf Vermutungen über den Inhalt der Antragsschrift angewiesen ist, da das Gericht bei seiner Entscheidung auch den in der Schutzschrift enthaltenen Sachvortrag zu berücksichtigen hat. In jedem Fall entsteht die 1,3-Verfahrensgebühr dann, wenn der zu erwartende Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung bei Gericht eingeht.
Ist der Anwalt lediglich mit der Einreichung der Schutzschrift, also mit einer Einzeltätigkeit beauftragt, so entsteht nur die 0,8-Gebühr der Nr. 3403 VV.
2. Verhältnis zum einstweiligen Verfügungsverfahren
§ 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a RVG bestimmt, dass die Einreichung von Schutzschriften zum Rechtszug gehört, also dem Verfahren über den Erlass der einstweiligen Verfügung zuzurechnen ist. Für die Einreichung der Schutzschrift und die Vertretung im einstweiligen Verfügungsverfahren fällt die Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV deshalb nur einmal an. Auch die Postpauschale der Nr. 7002 VV kann für beide Tätigkeiten nur einmal gefordert werden, da dieselbe Angelegenheit vorliegt.
Beispiel
Der Anwalt wird mit der Einreichung der Schutzschrift beauftragt. Der Gegenstandswert beträgt 15.000,00 EUR. Nach Einreichung der Schutzschrift wird auch der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung bei Gericht eingereicht. Auch hier beträgt der Gegenstandswert 15.000,00 EUR. Eine mündliche Verhandlung findet nicht statt.
Es ist folgende Vergütung entstanden:
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
845,00 EUR |
(Wert: 15.000,00 EUR) |
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Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
20,00 EUR |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
164,35 EUR |
(19 % aus 865,00 EUR) |
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Gesamt |
1.029,35 EUR |
War der Anwalt zunächst nur mit der Einreichung der Schutzschrift, d.h. einer Einzeltätigkeit, beauftragt und wird er später auch mit der Vertretung im einstweiligen Verfügungsverfahren beauftragt, so ist § 15 Abs. 6 RVG zu beachten. Danach erhält der Anwalt, der nur mit einzelnen Handlungen oder mit Tätigkeiten, die nach § 19 RVG zum Rechtszug oder zum Verfahren gehören, beauftragt ist, nicht mehr an Gebühren als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte Rechtsanwalt für die gleiche Tätigkeit erhalten würde. Es verbleibt deshalb auch in diesem Fall bei der 1,3-Verfahrensgebühr der Nr. 3100 VV.
Beispiel
Der Anwalt wird zunächst nur mit der Einreichung der Schutzschrift beauftragt (Auftrag für Einzeltätigkeit). Der Gegenstandswert beträgt 15.000,00 EUR. Nach Einreichung der Schutzschrift wird auch der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung bei Gericht eingereicht und derselbe Anwalt auch mit der Vertretung in dem Eilverfahren beauftragt. Auch hier beträgt der Gegenstandswert 15.000,00 EUR. Eine mündliche Verhandlung findet nicht statt.
Es ist folgende Vergütung entstanden:
I. Einzeltätigkeit
0,8-Verfahrensgebühr, Nr. 3403 VV |
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520,00 EUR |
(Wert: 15.000,00 EUR) |
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Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
Zwischensumme |
540,00 EUR |
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Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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102,60 EUR |
(19 % aus 865,00 EUR) |
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Gesamt |
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642,60 EUR |
II. Tätigkeit im gerichtlichen Eilverfahren
1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV |
845,00 EUR |
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(Wert: 15.000,00 EUR) |
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gem. § 15 Abs. 6 RVG abzüglich |
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bereits abgerechneter |
- 520,00 EUR |
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316,00 EUR |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
336,00 EUR |
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(19 % aus 345,00 EUR) |
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Zwischensumme |
63,84 EUR |
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Gesamt |
399,84 EUR |
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Autor: Dipl.-Rpfl. Hagen Schneider, Magdeburg
AGS 4/2016, S. 159 - 162