FamGKG § 36 Abs. 1
Leitsatz
Der Verfahrenswert für die familiengerichtliche Genehmigung des Verkaufs eines Grundstücks, an dem der Minderjährige nur Miteigentümer ist, bemisst sich unter Berücksichtigung seines Miteigentumsanteils.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 20.2.2017 – 17 WF 22/17
1 Sachverhalt
Die Beteiligten Nr. 1) bis 3) sind die minderjährigen Kinder des weiteren Beteiligten und seiner 2012 verstorbenen Ehefrau, nach deren Tod gesetzliche Erbfolge eintrat. Die verstorbene Ehefrau war Eigentümerin einer Wohnung, welche die Beteiligten mit notariellem Vertrag zu einem Kaufpreis von 270.000,00 EUR verkauften. Mit notarieller Urkunde vom gleichen Tag haben die Beteiligten eine Grundschuld auf dem Wohnungseigentum bewilligt, die Voraussetzung zum Vollzug des Kaufvertrages war.
Das AG die Erklärungen der Beteiligten Nr. 1) bis 3) über den Verkauf der Wohnung familiengerichtlich genehmigt und den Verfahrenswert hierfür auf 270.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen die Festsetzung des Verfahrenswerts wenden sich die Beteiligten Nr. 1) bis 3) mit einem als Widerspruch bezeichneten Schreiben. Sie gehen davon aus, dass der Verfahrenswert sich nur nach dem Anteil der minderjährigen Kinder an der Wohnung richte und errechnen einen Wert von 11.250,00 EUR.
Das AG hat das Schreiben als Beschwerde ausgelegt und dieser unter Bezugnahme auf Rspr. des Senats nicht abgeholfen.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde der Beteiligten Nr. 1) bis 3) ist gem. § 59 Abs. 1 S. 1 FamGKG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Sie führt zu einer Herabsetzung des Verfahrenswerts.
1. Die Beschwerdeführer gehen zutreffend davon aus, dass sich der Verfahrenswert nur nach ihrem Anteil am Wohnungseigentum richtet. Zwar hat der Senat für die vorliegende Konstellation mehrfach entschieden, dass sich der Wert bei einem Miteigentumsanteil des Minderjährigen nach dem Gesamtkaufpreis richte (Beschl. v. 24.1.2014 – 17 WF 237/13; Beschl. v. 27.7.2016 – 17 WF 68/16). An dieser Rspr. hält der Senat jedoch nicht mehr fest.
Der Verfahrenswert der familiengerichtlichen Genehmigung der Erklärungen der Beteiligten Nr. 1) bis 3) richtet sich nach § 36 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Maßgeblich ist der Wert des zugrundeliegenden Rechtsgeschäftes. Dabei versteht der Senat die Vorschrift nunmehr so, dass sie nicht auf den Wert des Kaufvertrages insgesamt abstellt, sondern ausschließlich auf den Miteigentumsanteil der minderjährigen Miteigentümer, deren Erklärungen familiengerichtlich zu genehmigen sind (ebenso für § 36 Abs. 1 S. 1 FamGKG OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.9.2016 – 5 WF 168/16, Familienrecht kompakt 2017, 3 [= AGS 2017, 48]; die Kommentarliteratur äußert sich zu der Frage nach Recherche des Senats nicht). Eine weitere Stütze findet die Auslegung in § 36 Abs. 1 S. 2 FamGKG i.V.m. § 98 Abs. 2 GNotKG (früher: § 40 Abs. 2 KostO). In der von der Interessenlage vergleichbaren Konstellation einer Zustimmung oder Vollmacht zu einem entsprechenden Rechtsgeschäft ist ausdrücklich gesetzlich geregelt, dass lediglich der jeweilige Anteil am Mitteigentum verfahrenswertbestimmend ist.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Wirksamkeit des gesamten Vertrags von der familiengerichtlichen Genehmigung abhängig ist, da die Teilbarkeit auf einen Miteigentumsanteil von den Parteien des Kaufvertrags regelmäßig nicht gewollt ist (§ 139 BGB). Allerdings ist zu beachten, dass sich die Prüfung des FamG, ob die Genehmigung nach §§ 1643 Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB erteilt wird, ausschließlich am Kindeswohl orientiert (Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl., § 1643, Rn 3), weswegen die Auswirkungen der Erklärung des Minderjährigen auf den gesamten Vertrag und dessen Parteien für die Entscheidung des FamG irrelevant sind. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass Verfahrenswerte zur vereinfachten Festsetzung einer gewissen Pauschalierung unterliegen (müssen), könnten sich bei Außerachtlassung des jeweiligen Miteigentumsanteils Verfahrenswerte ergeben, die sich vollständig von der wirtschaftlichen Bedeutung für den Minderjährigen entfernen. So sind Konstellationen vorstellbar, in denen beispielsweise aufgrund einer größeren Erbengemeinschaft Miteigentumsanteile von deutlich weniger als 10 % entstehen. Würde der Verfahrenswert sich nach dem Gesamtkaufpreis richten, stünden die Kosten der familiengerichtlichen Genehmigung außer Verhältnis zum auf den Minderjährigen entfallenden Verkaufserlös und würden den Minderjährigen übermäßig belasten, was die vorstehend dargestellte Auslegung unterstützt.
2. Die Mitberechtigung der Beteiligten Nr. 1) bis 3) an der verkauften Wohnung lag bei der Hälfte. Durch die gesetzliche Erbfolge nach der Mutter der Beteiligten Nr. 1 bis 3 wurde deren Ehemann zur Hälfte Miterbe (§§ 1931 Abs. 1, 3, 1371 Abs. 1 BGB), die Beteiligten Nr. 1 bis 3 zur anderen Hälfte. Für die Verfahrenswertfestsetzung ist der Kaufpreis demnach zu halbieren.
Die weitergehende Beschwerde konnte demnach keinen Erfolg haben.
3 Anmerkung
Das Gericht stellt hier zutreffend auf die Wertvorschrift des § 36 FamGKG ab, da Gegenstand des Verfahrens eine familienrechtliche ...