ZPO §§ 103 ff.
Leitsatz
Zwischen Streitgenossen findet grundsätzlich keine gerichtliche Kostenfestsetzung statt, es sei denn, dass Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis eindeutig tituliert worden sind. Allein aus der in einem Prozessvergleich geregelten Verteilung von Kosten zwischen einem Kläger und zwei Beklagten nach Quoten kann nicht auf eine Ausgleichspflicht der Beklagten untereinander geschlossen werden.
OLG Hamburg, Beschl. v. 8.9.2016 – 8 W 87/16
1 Sachverhalt
Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich die Beklagte zu 2) gegen die Ablehnung der von ihr beantragten Kostenfestsetzung gegen ihren Streitgenossen, den Beklagte zu 1), auf Grundlage eines zwischen den Parteien geschlossenen Prozessvergleichs. Dieser enthält folgende Kostenregelung:
"4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Beklagte zu 1) 79 % und die Beklagte zu 2) 4 % und die Klägerin restliche 17 %."
Die Rechtspflegerin des LG hat die von der Beklagten zu 2) begehrte Kostenfestsetzung gegen den Beklagten zu 1) i.H.v. 2.283,07 EUR nach einem entsprechenden Hinweis an die Parteien mit der Begründung abgelehnt, dem Vergleich sei nicht zu entnehmen, dass sich die Parteien/Streitgenossen auf eine Kostenregelung verständigt haben, die auch für das Verhältnis der Streitgenossen untereinander gelten solle.
Mit der sofortigen Beschwerde macht die Beklagte zu 2) geltend, dass die Kostenregelung eine exakte quotale Beteiligung sämtlicher Parteien an den Kosten des Rechtsstreits enthalte. Die Kosten umfassten alle Gerichts- und alle Anwaltskosten sämtlicher Beteiligter. Die anteilige Beteiligung aller Beteiligten an den Gesamtkosten würde unterlaufen, wenn zwischen den Streitgenossen ein Kostenausgleich nicht erfolge. Daraus ergebe sich der objektive Erklärungswert der Kostenabrede, dass die prozessuale Kostenerstattungspflicht die prozessbezogenen Aufwendungen des Streitgenossen mit umfasse.
Die Rechtspflegerin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Rechtspflegerin hat die Kostenfestsetzung zugunsten der Beklagten zu 2) gegen den Beklagten zu 1), ihren Streitgenossen, zu Recht abgelehnt.
Zwischen Streitgenossen findet grundsätzlich keine gerichtliche Kostenfestsetzung statt, es sei denn, dass Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis eindeutig mittituliert worden sind (OLG Bremen MDR 2003, 1080 [= AGS 2003, 367]; OLG Koblenz JurBüro 1990, 1468; Zöller/Herget, 30. Aufl., § 104 Rn 21 "Streitgenossen" und § 91 Rn 13 "Streitgenossen"; OLG Köln FamRZ 1993, 724; OLG Zweibrücken, Beschl. v. 15.1.2003 – 4 W 88/02, Rn 3, juris).
Hieran fehlt es vorliegend.
Für die Kostenfestsetzung erforderlich ist ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel. Bei zweifelhafter Verteilung der Kosten kann eine Auslegung des Titels notwendig sein, namentlich im Falle der Streitgenossenschaft. Die Auslegung darf aber nicht zu einer verdeckten Korrektur der Kostengrundentscheidung führen. Richter und Rechtspfleger sind an die Kostengrundentscheidung selbst dann gebunden, wenn sie unrichtig oder unzulässig ist. Dies schließt allerdings die Auslegung einer Kostengrundentscheidung nicht aus, solange der sachliche Titelgehalt nicht verändert wird (zu allem Zöller-Herget, ZPO, 30. Aufl., § 104 Rn 21 "Auslegung" m.w.N.).
Vorliegend hat die Rechtspflegerin zu Recht festgestellt, dass sich aus der im Vergleich gefundenen Kostenregelung eine Kostenerstattung zwischen den Beklagten nicht ergibt. Allein aus der Verteilung von Kosten zwischen einem Kläger und zwei Beklagten nach Quoten kann nicht auf eine Ausgleichspflicht der Beklagten untereinander geschlossen werden (vgl. für eine mit Ausnahme der Quoten nahezu identische Kostenregelung OLG Zweibrücken a.a.O. Rn 2, 3, juris). Auch der sonstige Inhalt des Vergleichs und die Aktenlage geben dem Beschwerdegericht keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür an die Hand, der Kostenregelung im Vergleich im Wege der Auslegung eine derartige Ausgleichspflicht zwischen den Beklagten beizumessen.
Mitgeteilt vom 8. Senat des OLG Hamburg
AGS 4/2017, S. 204 - 205