RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3, Nr. 3106; SGG §§ 78 ff.
Leitsatz
- Der Tatbestand der Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV ist nicht auf Besprechungen im Zusammenhang mit einem Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren in sozialrechtlichen Angelegenheiten anwendbar.
- Für das Entstehen einer Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV muss eine außergerichtliche Besprechung bestimmten qualitativen Anforderungen genügen. Sie muss konkret an Umfang und Intensität einem Gerichtstermin gleichkommen (vgl. LSG München v. 16.12.2016 – L 15 SF 63/15 und LSG Darmstadt v. 9.11.2011 – L 2 SO 192/11 B = ASR 2012, 79).
SG Augsburg, Urt. v. 18.1.2017 – S 11 AS 1379/16
1 Sachverhalt
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Kosten anlässlich eines Widerspruchsverfahrens im Zusammenhang mit dem Gebührentatbestand der Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV.
Mit Bescheid lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Grundsicherung ab.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte Widerspruch ein und forderte den Beklagten schriftlich auf, Leistungen zu gewähren.
Der Beklagte entsprach dem Widerspruch und übernahm die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach im vollen Umfang.
Der Bevollmächtigte beantragte daraufhin neben der Festsetzung einer Geschäftsgebühr eine Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV. Dazu trug er vor, dass er sich am 6.7.2016 mit einer Mitarbeiterin des Beklagten, dahingehend telefonisch besprochen habe, dass sich diese umgehend mit der Leistungsabteilung und dem dort zuständigen Sachbearbeiter oder Vertreter in Verbindung zu setzen habe, um den Leistungsanspruch zu klären.
Der Beklagte lehnte die Übernahme der beantragten Terminsgebühr ab. Die Bearbeitung von Widersprüchen erfolge ausschließlich durch die Widerspruchsstelle. Seitens des Widerspruchsführers würden keine Absprachen erfolgen, es werde vielmehr nach Aktenlage entschieden.
Mit Kostenfestsetzungsbescheid erkannte der Beklagte die notwendigen Aufwendungen i.H.v. 380,80 EUR an und lehnte den Kostenantrag im Übrigen ab. Eine Terminsgebühr könne nicht anfallen, wenn bloß ein Telefonat geführt werde, der Telefonanruf bei der Mitarbeiterin des Beklagten beinhaltete keine Vereinbarungen mit der Widerspruchsstelle.
Den gegen den Kostenfestsetzungsbescheid eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid zurück.
In der hiergegen eingelegten Klage hat der Bevollmächtigte auf die ständige Rspr. des BGH zum Anfall einer Terminsgebühr verwiesen. Des Weiteren sei der Bevollmächtigte von einem Herrn der Widerspruchsstelle angerufen worden, der ihn bezüglich der Abhilfeentscheidung informiert habe. Hiermit sei eine Besprechung vom Beklagten veranlasst worden, dies habe zum nochmaligen Anfall der Terminsgebühr geführt.
2 Aus den Gründen
Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 SGG.
Die Ablehnung der Erstattung der streitgegenständlichen Gebühr gem. Nr. 3106 VV i.V.m. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV durch den Beklagten ist formell und materiell rechtmäßig. Eine Terminsgebühr in ihrer Ausprägung als "Besprechungsgebühr" ist vorliegend nicht entstanden. Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Erstattung über den Betrag hinaus, welcher der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Kostenbescheid gewährt hat.
Eine Terminsgebühr entsteht im Bereich öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten nur, wie sich unzweifelhaft aus der Systematik des Gesetzes bzw. des Vergütungsverzeichnisses ergibt, bei gerichtlichen Verfahren. Dies ergibt sich bereits aus Nr. 3106 VV. Diese Bestimmung lautet:
"Terminsgebühr in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG). "
……………………………………….50,00 bis 510,00 EUR
Die Gebühr entsteht auch, wenn
1. in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird,
2. nach § 105 Abs. 1 S. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entschieden wird und eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann oder
3. das Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, nach angenommenem Anerkenntnis ohne mündliche Verhandlung endet. (..)“.
Im streitgegenständlichen Fall half der Beklagte dem Widerspruch des Bevollmächtigten im vollen Umfang ab und erließ einen entsprechenden Abhilfebescheid i.S.d. § 85 Abs. 1 SGG. Damit endete das Widerspruchsverfahren bezüglich des Widerspruches des Bevollmächtigten gegen den Ablehnungsbescheid des Beklagten.
Das Widerspruchsverfahren, auch wenn dieses teilweise im SGG geregelt ist, ist von der Rechtsnatur her unzweifelhaft ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 SGB X und kein Verfahren vor dem Sozialgericht i.S.d. Nr. 3106 VV. Ein Verfahren vor dem SG wird erst durch Klageerhebung rechtshängig (vgl. §§ 90, 94 S. 1 SGG). Erst ab diesem Zeitpunkt ist der...