RVG VV Nr. 5115

Leitsatz

Bei Nichteinlegung eines Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid entsteht keine Gebühr nach Nr. 5115 VV. Die Voraussetzungen einer Analogie liegen mangels Regelungslücke nicht vor. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich angeordnet, dass die Gebühr dann entsteht, wenn der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgenommen wird, nicht aber bei jedweder auf die Förderung gerichteten Tätigkeit.

AG Remscheid, Urt. v. 13.9.2013 – 8 C 174/13

1 Sachverhalt

Der Kläger nimmt die Beklagte als Rechtsschutzversicherer wegen der nach Auffassung der Klägerseite entstandenen Gebühren nach der Nr. 5115 VV i.H.v. 135,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer in Anspruch.

Dem Kläger war eine Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen worden. Hierzu erhielt er einen Bußgeldbescheid über eine Geldbuße von 120,00 EUR, verbunden hiermit war die Eintragung eines Punkts im Verkehrszentralregister.

Der Kläger hatte sich mit seinem Prozessbevollmächtigten über die Frage der Einlegung eines Rechtsmittels intensiv auseinandergesetzt, zumal der Kläger als Kraftfahrer tätig ist, weshalb es ihm im besonderen Maße darauf ankommt, Eintragungen in das Verkehrszentralregister zu verhindern.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Ermittlungsakten eingesehen und die Angelegenheit mit dem Kläger besprochen. Es ist dann eine Übereinkunft erzielt worden, gegen den Bußgeldbescheid kein Rechtsmittel einzulegen, da der Erfolg der Durchführung des Einspruchsverfahrens zweifelhaft war. Dementsprechend wurde der Bußgeldbescheid rechtskräftig.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die bei ihm entstandenen Kosten mit der Rechnung gegenüber dem Kläger abgerechnet und die Rechnung an die Beklagte, den Rechtsschutzversicherer des Klägers, übermittelt.

Die Beklagte hat die geltend gemachte zusätzliche Gebühr gem. Nr. 5115 VV i.H.v. 135,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer aus der Rechnung gestrichen und darauf hingewiesen, dass eine solche Gebühr nicht angefallen sei, da der Rechtsanwalt, der an der Einstellung oder sonstigen Erledigung des Verfahrens i.S.d. Abs. 2 zu Nr. 5115 VV mitgewirkt hat, diese Gebühr nicht erhält, wenn auf eine Förderung des Verfahren gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist.

Der Kläger ist der Auffassung, bei Entstehen der Gebühr komme es lediglich darauf an, ob eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit aus der Arbeit des Rechtsanwalts mit dem Mandanten sich ergebe.

Wenn der Kläger eine Einspruchseinlegung gewünscht habe, von der aber abgeraten worden sei, sei dies ein typischer Fall einer auf die Förderung des Verfahrens gerichteten Tätigkeit. Es könne nicht sein, dass man lediglich wegen der Gebühren einen Einspruch einlegen müsse, um diesen dann kurze Zeit später zurückzunehmen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Gebühr nach Nr. 5115 VV sei nicht entstanden, da keiner der in Abs. 1 abschließend aufgezählten Tatbestände vorliege.

2 Aus den Gründen

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Freistellung von der anwaltlichen Gebührenrechnung auch in Höhe der nach Nr. 5115 VV entstandenen Gebühr i.H.v. 135,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag.

Die Gebühr ist nicht entstanden.

Nach S. 1 gem. Nr. 5115 VV entsteht die Gebühr, wenn der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgenommen wird.

Wenn der Kläger meint, die Nichteinlegung des Einspruchs stehe der Rücknahme des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid gleich, liegen die Voraussetzungen einer Analogie hier allerdings nicht vor.

Wie die Beklagte zutreffend ausführt, muss aufgrund der Formulierung des Gesetzgebers in Nr. 5115 VV einer der genannten Fälle von Abs. 1 vorliegen, was vorliegend nicht der Fall ist.

Dass hier eine planwidrige Regelungslücke vorliegt, ist nicht erkennbar.

Vielmehr hat der Gesetzgeber ausdrücklich angeordnet, dass die Gebühr dann entsteht, wenn der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgenommen wird, nicht aber bei jedweder auf die Förderung gerichteten Tätigkeit.

3 Anmerkung

Ebenso zum Abraten eines Einspruchs gegen einen Strafbefehl: OLG Nürnberg[1] und AG Hamburg-St. Georg.[2]

Auch das Abraten von einem Rechtsmittel löst – im Gegensatz zur Rücknahme des Rechtsmittels – keine zusätzliche Gebühr aus.[3]

Norbert Schneider

AGS 4/2017, S. 188 - 189

[1] AGS 2009, 534 = Rpfleger 2009, 645 = RVGreport 2009, 464 = StRR 2010, 115.
[2] AGS 2015, 70 = zfs 2015, 228 = NJW-Spezial 2015, 123 = RVGreport 2015, 143.
[3] AnwK-RVG/N. Schneider, 8. Aufl., Nr. 4141 Rn 143.

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