RVG VV Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104; ZPO §§ 128 Abs. 1, 937 Abs. 2,
Leitsatz
Ergeht im einstweiligen Verfügungsverfahren ein Anerkenntnisurteil im schriftlichen Verfahren, entsteht für die beteiligten Anwälte eine Terminsgebühr.
OLG Oldenburg, Beschl. v. 28.2.2017 – 6 W 12/17
1 Sachverhalt
Der Antragsteller hatte den Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen der vom Antragsgegner begangenen Wettbewerbsverstöße beantragt. Das LG hat mangels Glaubhaftmachung einer besonderen Dringlichkeit Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Der Antragsgegner erklärte daraufhin, dass er ein weiteres gerichtliches Verfahren vermeiden wolle und erkannte den geltend gemachten Unterlassungsanspruch an. Das LG hat daraufhin ohne mündliche Verhandlung ein Anerkenntnisurteil erlassen und die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens dem Antragsgegner auferlegt.
Der Antragsteller hat daraufhin die ihm entstandenen Kosten zur Festsetzung angemeldet, darunter auch eine 1,2-Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV i.H.v. 780,00 EUR.
Das LG hat die Terminsgebühr abgesetzt, da die 1,2-Terminsgebühr nicht entstanden und deshalb nicht erstattungsfähig sei.
Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde, mit der er geltend macht, die 1,2 Terminsgebühr sei zur Entstehung gelangt.
Der Rechtspfleger der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde ist gem. § 11 Abs. 2 S. 3 RVG, §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig, insbesondere wurde das Rechtsmittel form- und fristgerecht eingelegt.
Das Rechtsmittel ist auch begründet.
Die auf der Grundlage der ergangenen Kostenentscheidung erfolgte Kostenfestsetzung ist insoweit zu beanstanden, als der Rechtspfleger die vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers beantragte 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV im Rahmen der Kostenfestsetzung abgesetzt hat. Insoweit ist unerheblich, ob tatsächlich ein Termin zur mündlichen Verhandlung, in dem der Antragsteller durch seinen Verfahrens- bzw. Prozessbevollmächtigten vertreten wurde, stattgefunden hat. Denn gleichwohl liegen die Voraussetzungen nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV vor, so dass die geltend gemachte 1,2-Terminsgebühr entstanden und damit vom Antragsgegner zu erstatten ist.
Nach Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsteht die Gebühr, wenn in einem Verfahren, für das eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gem. § 307 Abs. 2 ZPO oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden oder in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird. Für das einstweilige Verfügungsverfahren vor dem LG ist eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben. Bis zum Erlass der einstweiligen Verfügung folgt dies aus § 937 Abs. 2 ZPO.
Der BGH hat in seiner Entscheidung v. 2.11.2011 (XII ZB 458/10, NJW 2012, 459 in juris Rn 33 [= AGS 2012, 10]) die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzung (mündliche Verhandlung vorgeschrieben) auch dann erfüllt ist, wenn eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung möglich ist und ergehen kann, die Parteien gleichwohl eine solche verhindern können, indem etwa nach Erlass eines im schriftlichen Verfahren erlassenen Beschlusses die mündliche Verhandlung beantragt wird. Der BGH geht dabei offenbar davon aus, dass bereits die abstrakte Möglichkeit der Parteien, eine mündliche Verhandlung zu erzwingen, für die Anwendbarkeit der Nr. 3104 VV ausreichend ist.
Dies gilt entsprechend in dem hier gegebenen Fall des Verfahrens einer einstweiligen Verfügung. Dort kann gem. §§ 936, 922 Abs. 1, 925 ZPO eine mündliche Verhandlung durch den Widerspruch gegen den Verfügungsbeschluss erzwungen werden. Gem. §§ 936, 922 Abs. 1 S. 1 ZPO muss im Verfahren der einstweiligen Verfügung auch dann mündlich verhandelt werden, wenn das Gericht – wie hier erfolgt – auf den Verfügungsantrag einen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt; auch dann kann die mündliche Verhandlung von den Parteien erzwungen werden und ist folglich i.S.d. Nr. 3104 VV vorgeschrieben (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 6.8.2014 – 6 W 34/14 [= AGS 2015, 16]; siehe ferner OLG Stuttgart MDR 2005, 1259 in juris Rn 9 ff. [= AGS 2006, 24]).
Auch die weitere Voraussetzung des Gebührentatbestandes ist erfüllt, weil gem. Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV auf das vom Antragsgegner erklärte Anerkenntnis gem. § 307 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden und ein Anerkenntnisurteil erlassen wurde.
Die im Kostenfestsetzungsantrag des Antragstellers zutreffend berechnete Terminsgebühr ist danach zusätzlich festzusetzen.
Die Entscheidung über die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht § 91 Abs. 1 ZPO.
Ein Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 574 ZPO besteht nicht.
Mitgeteilt von RA Guido Vierkötter, Neunkirchen
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist im Ergebnis zutreffend, allerdings nicht in der Begründung.
Grundsätzlich gilt auch in Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren zunächst einmal § 128 Abs. 1 ZPO, so dass die münd...