RVG § 33
Leitsatz
- Vertritt ein Rechtsanwalt einen auf einen Bruchteil eingesetzten Miterben und stimmen der Geschäftswert für das gerichtliche Verfahren und der für die anwaltliche Tätigkeit nicht überein, so ist der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit auf den von dem Miterben beanspruchten Erbteil zu beschränken, wenn ein Antrag gem. § 33 RVG vorliegt.
- Antragsberechtigt gem. § 33 Abs. 1 RVG ist auch ein Beteiligter, dessen Kostenerstattungspflicht sich nach dem für die Berechnung der Anwaltsgebühren maßgeblichen Gegenstandswert bemisst.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.2.2018 – I-10 W 414/17
1 Sachverhalt
Der Anwalt hatte seine Mandantin als Beteiligte zu 5) in einem Erbscheinverfahren vor dem AG vertreten. Die ihr entstandenen Kosten hatte das Gericht der Beteiligten zu 1) auferlegt. Der Wert des Nachlasses belief sich auf 139.495,16 EUR. Auf diesen Betrag ist dann auch der Geschäftswert (§ 3 Abs. 1 GNotKG) festgesetzt worden. Die Beteiligte zu 5) hatte nach diesem Wert die ihr entstandenen Anwaltskosten bereits festsetzen lassen. Die Beteiligte zu 1) war der Auffassung, die Beteiligte zu 5) schulde ihrem Anwalt die Vergütung nur nach einem geringeren Wert, da diese nur eine Miterbenquote von einem Fünftel geltend gemacht habe. Daher hat sie gem. § 33 Abs. 1 RVG beantragt, diesen Gegenstandswert festzusetzen. Die Rechtspflegerin beim AG hat den Gegenstandswert "für die anwaltliche Tätigkeit" auf 69.747,58 EUR festgesetzt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist gem. § 33 Abs. 3 S. 1 RVG zulässig und führt in der Sache zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
Zutreffend führt der angefochtene Beschluss aus, dass in den Fällen, in denen ein Rechtsanwalt einen auf einen Bruchteil eingesetzten Miterben vertritt und der Geschäftswert für das gerichtliche Verfahren und der für die anwaltliche Tätigkeit nicht übereinstimmen, der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit auf den von dem Miterben beanspruchten Erbteil zu beschränken ist, wenn ein Antrag gem. § 33 RVG vorliegt (ebenso zuletzt BGH, IX ZR 243/16, Urt. v. 14.12.2017, juris Rn 25 [= AGS 2018, 60]).
Soweit die Rechtspflegerin bei dem AG daraus den Schluss zieht, dass der Gegenstandswert "für die anwaltliche Tätigkeit" auf 69.747,58 EUR festzusetzen war, ist dies erkennbar falsch. Der Beschluss kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil er nicht erkennen lässt, der Wert wessen anwaltlicher Tätigkeit hier überhaupt festgesetzt werden soll.
Die Beteiligte zu 1) verfolgt mit dem Antrag gem. § 33 Abs. 1 RVG ausdrücklich das Ziel, dass die dem Kostenfestsetzungsbeschl. v. 10.4.2017 zugrunde liegende Wertfestsetzung abgeändert wird. In der Sache geht es deshalb um die Höhe der dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 5) zustehenden Gebühren. Auch insoweit steht der Beteiligten zu 1) ein Antragsrecht gem. § 33 Abs. 1 RVG zu, da sich ihre Kostenerstattungspflicht nach dem für die Berechnung der dem Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 5) zustehenden Gebühren bemisst (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, § 33 Rn 10).
Nach den vorstehend ausgeführten Kriterien bemisst sich der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 5) nach dem von diesem beanspruchten Erbteil, der 1/5 beträgt. Ausgehend von dem Geschäftswert des Erbscheinsverfahrens von 139.495,16 EUR beträgt der Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 5) deshalb 27.899,03 EUR.
Mitgeteilt vom RiOLG Dr. Thomas W. Lemcke, Düsseldorf
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Immer wieder verkennen die Anwälte, die nur einen von mehreren Miterben vertreten, dass für sie nicht der volle Geschäftswert des Erbscheinverfahrens maßgebend ist, sondern lediglich der Wert des anteiligen Interesses des Mandanten, also der Wert des Erbteils, den der Mandant für sich beansprucht.
Da das Gericht nur den Geschäftswert, also den Wert für die Gerichtsgebühr, festsetzt, muss ein abweichender Wert insoweit im Verfahren nach § 33 RVG beantragt werden.
Antragsberechtigt ist insoweit der Anwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Dritter und im Falle der Verfahrenskostenhilfe auch die eintrittspflichtige Landeskasse.
Vor einer Abrechnung sollte der Anwalt daher stets zunächst einmal nach § 33 RVG den Wert seiner Tätigkeit festsetzen lassen.
Müssen – wie hier – Kosten eines Gegners erstattet werden, so sollte spätestens nach Zustellung des Kostenfestsetzungsantrags gem. § 11 Abs. 4 RVG beantragt werden, das Kostenfestsetzungsverfahren auszusetzen und parallel hierzu die Festsetzung des Gegenstandswertes zu beantragen. Das Kostenfestsetzungsverfahren muss dann nämlich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens auf Festsetzung des Gegenstandswertes ausgesetzt werden.
Wird das Festsetzungsverfahren erst im Nachhinein geführt, muss nachträglich ein ergangener Kostenfestsetzungsbeschluss nach § 107 ZPO abgeändert werden. Dies vermeidet man, indem man rechtzeitig eine Wertfestsetzun...