GKG-KostVerz. Nr. 1211 Nr. 3
Leitsatz
Nach einem Zwischenurteil, das seinerseits nicht privillegiert ist, kommt eine Ermäßigung der Gerichtskosten nicht mehr in Betracht.
OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.12.2017 – 2 W 152/17
1 Sachverhalt
Mit Zwischenurteil vom 17.8.2016 hat das LG dem Kläger aufgegeben, eine Prozesskostensicherheit zu leisten; zuvor hatte der Kläger die Auffassung vertreten, zur Leistung einer Prozesskostensicherheit nicht verpflichtet zu sein, und deshalb die Zurückweisung des hierauf gerichteten Antrags der Beklagten beantragt.
Anschließend haben die Parteien den Rechtsstreit mit Vergleich vom 23.5.2017 erledigt und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten zu 1/5 und dem Kläger zu 4/5 auferlegt.
Mit Kostenrechnung des Gerichts ist eine Gebühr gem. Nr. 1210 GKG-KostVerz. nach einem Streitwert von 100.000,00 EUR angesetzt worden, wobei 1/5 hiervon i.H.v. 615,60 EUR auf die Beklagte entfällt.
Die gegen die Kostenrechnung gerichtete Erinnerung der Beklagten, welche der Auffassung ist, es greife die Ermäßigung nach Nr. 1211 Nr. 3 GKG-KostVerz. ein, hat das LG nach Anhörung der Bezirksrevisorin zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der sie beantragt, lediglich eine 1,0-fache Gerichtsgebühr anzusetzen. Sie ist der Auffassung, ein Zwischenurteil über die Prozesskostensicherheit sei kein anderes Urteil i.S.v. Nr. 1211 Nr. 2 GKG-KostVerz. Die Norm nehme diejenigen Fälle von der Ermäßigung aus, in denen sich das Gericht mit dem Streitstoff auseinandersetzen müsse. Da sich das Gericht bei einem Zwischenurteil über die Prozesskostensicherheit nicht mit dem Streitstoff befassen müsse, sei eine einfache Gerichtsgebühr zu veranschlagen. Darüber hinaus hätte das LG mangels streitigen Vorbringens bei richtiger Behandlung der Sache durch Beschluss über die Prozesskostensicherheit entscheiden müssen, so dass der Gebührenerhebung auch § 21 Abs. 1 S. 1 GKG entgegenstehe.
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
1. Die zulässige Beschwerde der Beklagten (§ 66 Abs. 2 GKG) ist unbegründet.
a) Das LG hat zu Recht die Voraussetzungen des Ermäßigungstatbestands nach Nr. 1211 Nr. 3 GKG-KostVerz. als nicht gegeben angesehen.
aa) Nach der genannten Bestimmung ermäßigt sich die Gebühr nach Nr. 1210 GKG-KostVerz. von einem dreifachen Satz auf eine einfache Gebühr, wenn das gesamte Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet wird, es sei denn, dass bereits ein anderes als eines der in Nr. 2 genannten Urteile, eine Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung oder ein Musterentscheid nach dem KapMuG vorausgegangen ist. Bei den Urteilen nach Nr. 1211 Nr. 2 GKG-KostVerz. handelt es sich um Anerkenntnisurteile, Verzichtsurteile oder Urteile, die nach § 313a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthalten oder nur deshalb Tatbestand und Entscheidungsgründe enthalten, weil zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht wird.
Ob der vorherige Erlass eines Zwischenurteils der Anwendung des Ermäßigungstatbestands entgegensteht, ist umstritten. Teilweise wird vertreten, ein Zwischenurteil über die Prozesskostensicherheit sei kein Urteil i.S.d. genannten Norm, weil sich das Gericht nicht mit dem Streitstoff und den Prozessaussichten befassen müsse (so OLG München, Beschl. v. 11.11.2002 – 11 W 2171/02, FamRZ 2003, 1765; zustimmend Zimmermann, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., KVGKG 1211 Rn 16; ebenso Stix, in: Dörndorfer/Neie/Petzold/Wendtland, Kostenrecht, 19. Edition, GKG KV 1211 Rn 18). Dagegen ermäßigt sich die Gebühr im Falle eines vorausgegangenen Zwischenurteils nach überwiegender Auffassung nicht, weil es sich bei dem Zwischenurteil um keines der in Nr. 1211 Nr. 2 GKG-KostVerz. genannten Urteile handele (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.6.2012 – 10 W 51/12; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.6.2007 – 6 W 29/07, MDR 2007, 1104; OLG Koblenz, Beschl. v. 20.7.2004 – 14 W 470/04, MDR 2005, 119 [= AGS 2004, 489]; OLG Nürnberg, Beschl. v. 5.12.2002 – 13 W 3607/02, MDR 2003, 416; Volpert, in: Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl., GKG-KostVerz. Nr. 1211 Rn 109).
bb) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung in Nr. 1211 GKG-KostVerz. gehören Zwischenurteile nicht zu den unter Nr. 2 genannten Urteilen. Im Sinne dieser Bestimmung handelt es sich also um "ein anderes als eines der in Nr. 2 genannten Urteile," welches dem den Rechtsstreit beendenden Vergleich vorausgegangen ist.
Demgemäß käme allenfalls eine analoge Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 1211 GKG-KostVerz. in Betracht, wofür jedoch die nötigen Voraussetzungen fehlen. Eine Analogie setzt voraus, dass das Gesetz eine Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wä...