ZPO § 494a Abs. 1 u. 2
Leitsatz
Der Antragsgegner eines selbstständigen Beweisverfahrens handelt nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er eine Fristsetzung nach § 494a Abs. 1 ZPO beantragt, obwohl etwaige Ansprüche gegen ihn durch das Verhalten eines weiteren Antragsgegners erloschen waren.
OLG Hamm, Beschl. v. 5.1.2018 – I-12 W 28/17
1 Sachverhalt
Mit Schriftsatz v. 3.5.2010 hat der Antragsteller die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens gegen die Antragsgegner zu 1) bis 3) wegen Mängeln an Fußbodenestrichen beantragt. Mit Beschl. v. 30.6.2010 hat das LG die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Mit Schriftsatz v. 13.4.2012 hat der Antragsteller das Verfahren auf die Antragsgegnerin zu 4) erweitert.
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten v. 20.7.2011 festgestellt, dass der eingebaute Estrich nicht die geforderten Eigenschaften aufweise. Da dem Sachverständigen trotz Aufforderung keine Informationen bzw. Unterlagen zur Verfügung gestellt worden seien, könne von einer mangelhaften Objektüberwachung durch die Antragsgegner zu 2) und 3) gesprochen werden. In seinem Ergänzungsgutachten hat er sich mit Einwendungen der Antragsgegner zu 1) und 3) auseinandergesetzt. Zudem hat er Mängel im Hinblick auf Balkone festgestellt. Unter dem 15.5.2013 hat der Sachverständige erneut ergänzend Stellung genommen. Mit Beschl. v. 27.8.2013 hat das LG den Streitwert für das Verfahren festgesetzt und festgestellt, dass das Verfahren beendet ist.
Mit Schriftsatz v. 10.5.2016 hat der Antragsgegner zu 3) beantragt, "der Antragstellerin eine angemessene Frist zur Erhebung der Klage in der Hauptsache gegen die Antragsgegner zu 4) zu setzen" und "nach fruchtlosen Ablauf der Frist der Antragstellerin die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens ... aufzuerlegen". Mit Schriftsatz v. 29.7.2016 hat er klargestellt, dass die Erhebung der Klage gegen den Antragsgegner zu 3) gemeint gewesen sei.
Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, dass der Antrag unzulässig sei. Dazu hat er behauptet, die Antragsgegnerin zu 4) habe sämtliche sie betreffende Mängel beseitigt; mit der Antragsgegnerin zu 1) sei ein Abfindungsvergleich geschlossen worden. Zudem seien die Gewährleistungsansprüche gegen den Antragsgegner zu 3) seit 2013 verjährt.
Das LG hat den Antrag des Antragsgegners zu 3) zurückgewiesen. Der Antrag sei unzulässig, da die in dem selbstständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel beseitigt seien und, soweit die Antragsgegnerin zu 1) betroffen sei, deren Ansprüche nach dem Vortrag des Antragstellers durch finanziellen Ausgleich kompensiert seien. Eine Hauptsacheklage gegen den Antragsgegner zu 3) würde gegenstandslos sein, da eine Inanspruchnahme von Schadensersatz für die Mängel nicht in Betracht komme. Es könne dem Antragsteller nicht aufgegeben werden, einen Anspruch klageweise geltend zu machen, der durch Erfüllung seitens einer anderen gesamtschuldnerisch haftenden Partei bereits erloschen sei.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner zu 3) sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG habe seiner Entscheidung nicht streitigen Vortrag des Antragstellers zugrunde legen dürfen. Zudem sei auch durch eine mögliche Mängelbeseitigung die Möglichkeit einer Klage nicht ausgeschlossen. Daraufhin hat der Antragsteller u.a. den behaupteten Abfindungsvergleich in Kopie vorgelegt.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und hat in der Sache Erfolg.
Gem. § 494a Abs. 1 ZPO hat das Gericht nach Beendigung der Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren auf Antrag anzuordnen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat, wenn ein Rechtsstreit nicht anhängig ist. Die Voraussetzungen dieser Norm liegen unzweifelhaft vor. Die Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren ist beendet und ein Rechtsstreit ist zwischen den Parteien des selbstständigen Beweisverfahrens nicht anhängig. Dem Antragsgegner zu 3) fehlt auch nicht das Rechtsschutzinteresse für den nach § 494a Abs. 1 ZPO erforderlichen Antrag.
§ 494a Abs. 2 ZPO liegt der Gedanke zugrunde, dass der Antragsteller nicht durch Unterlassen der Hauptsacheklage der Kostenpflicht entgehen soll, die sich bei Abweisung dieser Klage ergeben würde. Die Vorschrift soll eine Lücke schließen, die dadurch entsteht, dass keine Entscheidung über die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens ergeht, wenn der Antragsteller nach Durchführung der Beweisaufnahme von der Einleitung des Hauptprozesses absieht. Dem Antragsgegner soll ein Verfahren eröffnet werden, seine Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens ersetzt zu bekommen, wenn er davon ausgeht, in einem Klageverfahren zu obsiegen (vgl. BGH MDR 2010, 459, 460).
Zwar ist die Vorschrift dann nicht anzuwenden, wenn es mit dem Gesetzeszweck unvereinbar und rechtlich unbillig erscheint, allein wegen der Nichterhebung der Hauptsacheklage die auße...