RVG VV Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1, Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104

Leitsatz

  1. Die Voraussetzungen für das Entstehen einer Terminsgebühr nach der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV sind nicht erfüllt, wenn ein Termin in einem Sorgerechtsverfahren ausweislich der richterlichen Verfügung ausschließlich der Anhörung des Kindes diente, ausdrücklich bestimmt worden ist, dass das Kind in Abwesenheit der sonstigen Verfahrensbeteiligten angehört werden soll, und zu diesem Termin lediglich die Kindesmutter geladen worden ist, die dafür Sorge tragen sollte, dass das Kind zum Termin erscheint, und die Verfahrensbevollmächtigten der Mutter lediglich eine Terminsnachricht bekommen haben und trotzdem erscheinen.
  2. In den Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 VV nicht anwendbar, da es keine mündliche Verhandlung, sondern nur Erörterungstermine und auch kein Einverständnis der Beteiligten mit einer schriftlichen Entscheidung gibt. Aufgrund des klaren Wortlautes der Bestimmung kommt auch eine analoge Anwendung auf Erörterungstermine nicht in Betracht.

OLG Hamm, Beschl. v. 11.7.2017 – II-6 WF 137/17

1 Sachverhalt

Die Beteiligten hatten die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens in einem Sorgeverfahren vertreten. Durch Beschluss des FamG ist der Antragstellerin unter Beiordnung der Beteiligten Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden.

Durch Verfügung des Gerichts ist auf den 21.10.2014 ein Termin zur Anhörung des Kindes B anberaumt worden. Die Antragstellerin ist gebeten worden, dafür zu sorgen, dass das Kind zum Termin erscheint. Die jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten der Kindeseltern haben eine Terminsnachricht erhalten.

Im Termin am 17.10.2014 erschien die Kindesmutter ohne ihren Sohn. Sie erklärte, dass sie keinerlei Nachricht darüber erhalten habe, dass sie ihren Sohn zum Termin mitbringen sollte. Sie habe nur über ihre Anwälte eine Nachricht erhalten, dass ein Termin stattfinde. Auch der für die Beteiligten anwesende Rechtsanwalt U erklärte, dass er nur eine Nachricht erhalten habe, dass das Gericht heute einen Termin anberaumt habe. Dass es nur um die Anhörung der Kinder gehe, sei ihm nicht mitgeteilt worden.

Die Anhörung von B ist dann am 21.10.2014 nachgeholt worden. Durch späteren Beschluss ist der Kindesmutter die alleinige Sorge für die betroffenen Kinder übertragen worden. Der Kindesvater hatte diesem Antrag zugestimmt.

Hiernach haben die Beteiligten beantragt, ihre Vergütung auf 621,78 EUR festzusetzen. Das FamG hat die Gebühren unter Herausrechnung der Terminsgebühr auf 334,75 EUR festgesetzt. Die dagegen gerichtete Erinnerung hat das FamG zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Sie vertreten weiter die Auffassung, dass eine Terminsgebühr entstanden sei. Rechtsanwalt U sei in einem Anhörungstermin anwesend gewesen.

2 Aus den Gründen

Die gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1 RVG, 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Beteiligten ist unbegründet. Das AG hat zu Recht die Erinnerung zurückgewiesen, da eine Terminsgebühr nicht angefallen ist.

1. Das AG ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV nicht entstanden ist.

Nach der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV entsteht eine Terminsgebühr für die Wahrnehmung eines gerichtlich anberaumten Termins. Darunter fallen grundsätzlich auch Anhörungstermine wie z.B. die Anhörung der Eltern oder die Anhörung eines Kindes (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl. 2015, VV Vorb. 3 Rn 75).

Voraussetzung ist allerdings nach dem Wortlaut der Vorbem., dass dieser Termin vom Verfahrensbevollmächtigten wahrgenommen wird. Dafür ist grundsätzlich ausreichend die vertretungsbefugte Anwesenheit in dem Termin (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl. 2015, VV Vorb. 3 Rn 111; Hartmann, KostG, 47. Aufl. 2017, VV 3104 Rn 4). Der Rechtsanwalt verdient die Gebühren dafür, dass er an dem Termin teilnimmt und bereit ist, im Interesse seines Mandanten das Geschehen im Termin zu verfolgen, um ggfs. einzugreifen. Nicht erforderlich ist, dass der Rechtsanwalt nach außen hin tätig wird. Es reicht demnach aus, wenn er das Verfahren schweigend, aber mitdenkend verfolgt (Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 22. Aufl. 2015, VV Vorb. 3 Rn 111; Hartmann, KostG, 47. Aufl. 2017, VV 3104 Rn 4).

Im vorliegenden Fall sind die vorstehend genannten Voraussetzungen für das Entstehen einer Terminsgebühr nicht erfüllt. Denn die Beteiligten haben den Termin am 17.10.2014 nicht i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 wahrgenommen. Der Termin diente ausweislich der richterlichen Verfügung vom 17.10.2014 ausschließlich der Anhörung des Kindes B. Es ist ausdrücklich bestimmt worden, dass das Kind in Abwesenheit der sonstigen Verfahrensbeteiligten angehört werden soll. Geladen worden ist zu diesem Termin lediglich die Kindesmutter, die dafür Sorge tragen sollte, dass das Kind zum Termin erscheint. Die Beteiligten haben lediglich eine Terminsnachricht bekommen.

Dass die Anhörung am 17.10.2017 nicht erfolgen konnte, weil möglicherweise die Ladung falsch oder unvollständig war, ändert an dieser Bewertung nichts. Es bleibt dabei, dass der Be...

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