FamGKG § 45 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3
Leitsatz
Eine Absenkung des in § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG vorgesehenen Festwerts von 3.000,00 EUR kommt allenfalls bei Vorliegen einer ganz besonderen, ins Auge fallenden Abweichung von einer durchschnittlichen Kindschaftssache in Betracht.
OLG Celle, Beschl. v. 24.1.2012 – 10 WF 11/12
1 Sachverhalt
Der Kindesvater begehrte unter Berufung auf die Entscheidung des BVerfG v. 21.7.2010 (BVerfGE 127, 132 ff. = FamRZ 2010, 1403 ff.) seine Beteiligung an der elterlichen Sorge, wobei er geltend machte, die Kindesmutter spreche im Übermaß dem Alkohol zu, konsumiere Drogen und sei mit der alleinigen elterlichen Sorge wegen mangelnder Reife offenbar überfordert, weshalb er in die Lage versetzt werden müsse, an Entscheidungen betreffend das Kind mitzuwirken. Hilfsweise beantragte er eine Regelung des persönlichen Umgangs. Die Kindesmutter trat den gegen sie erhobenen Vorwürfen entgegen und widersprach einer gemeinsamen elterlichen Sorge. Das Jugendamt berichtete noch vor dem vom AG anberaumten Erörterungstermin von erheblichen Schwierigkeiten der Kindeseltern, sich miteinander über die Kindesbelange zu verständigen, sowie von großen Bedenken der Kindesmutter gegenüber (unbegleiteten) Umgangskontakten des Kindesvaters mit dem Kind seit Juli 2011 habe dieser daher Umgang im zweiwöchigen Abstand ausschließlich im öffentlichen Raum erhalten. Wegen des Umgangs wurde zwischenzeitlich ein weiteres Verfahren eingeleitet.
Beiden Elternteilen hat das AG die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe jeweils bewilligt und ihnen zudem ihre Verfahrensbevollmächtigten antragsgemäß beigeordnet. In dem anberaumten Erörterungstermin nahm der Kindesvater seinen Antrag auf Miteinräumung der elterlichen Sorge sodann zurück. Mit gesondertem Beschluss hat das AG abschließend den Verfahrenswert auf 1.500,00 EUR festgesetzt.
Gegen diese Wertfestsetzung wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter mit seiner Beschwerde, mit der er eine Heraufsetzung auf den Betrag von 3.000,00 EUR erreichen will und die er damit begründet, dass hier der Regelfall eines Verfahrens wegen elterlicher Sorge vorliege. Sofern das Gericht von dem dafür gesetzlich vorgesehenen Wert von 3.000,00 EUR abweichen wolle, müsse es dies begründen. Eine solche Begründung sei hier jedoch nicht gegeben worden. Eine Herabsetzung sei auch sachlich nicht gerechtfertigt, denn der Fall habe eine durchschnittliche Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage aufgewiesen.
Da AG hat der Beschwerde nicht stattgegeben, sondern sie dem OLG vorgelegt, das der Beschwerde stattgegeben hat.
2 Aus den Gründen
Für eine Herabsetzung des Verfahrenswertes in dem vorliegenden (Hauptsache-)Verfahren wegen elterlicher Sorge auf lediglich 1.500,00 EUR ist hier kein Raum.
Gem. § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG beträgt der Verfahrenswert in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge betreffen, grundsätzlich 3.000,00 EUR. Lediglich wenn dieser Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig erscheint, kann gem. § 45 Abs. 3 FamGKG ein höherer oder niedrigerer Wert festgesetzt werden. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann dies insbesondere dann der Fall sein, wenn das Verfahren besonders umfangreich und schwierig ist oder wenn die Beteiligten nur über ein geringes Einkommen verfügen und das Verfahren sich einfach gestaltet (BT-Drucks 16/6308, S. 306). Eine Abweichung von dem Festbetrag von 3.000,00 EUR ist mithin nur ausnahmsweise geboten, wenn der zu entscheidende Fall hinsichtlich des Arbeitsaufwandes für das Gericht und für die Verfahrensbevollmächtigten erheblich von einer durchschnittlichen Kindschaftssache abweicht und der Verfahrenswert im Einzelfall zu unvertretbar hohen oder unangemessen niedrigen Kosten bzw. Gebühren führen würde. Insoweit kann nicht unmittelbar auf die in der Rspr. nach der bis zum 31.8.2009 geltenden Rechtslage entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Beschl. v. 4.2.1999 – 1 UF 77/97, NJW-RR 2000, 952), weil an die Stelle des bisherigen Regelwertes ein (relativer) Festwert getreten ist (Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein-Keske, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, S. 1999, 2037). Wie der Senat vielmehr zu § 45 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 FamGKG bereits entschieden hat, ist etwa eine Anhebung des Verfahrenswertes auf einen höheren Wert als 3.000,00 EUR regelmäßig angezeigt, wenn in einem Kindschaftsverfahren die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens geboten ist und das AG die Beteiligten – unabhängig von einer gesonderten Kindesanhörung – in mehr als lediglich einem Termin anhört (vgl. betr. elterliche Sorge den Senatsbeschl. v. 11.2.2011 – 10 WF 399/10, NJW 2011, 1373 = NdsRpfl. 2011, 126 betr. persönlichen Umgang Senatsbeschl. v. 7.11.2011 – 10 WF 338/11, nicht veröffentlicht).
Ebenso bedürfte jedoch auch eine Absenkung auf einen Wert unterhalb von 3.000,00 EUR im Einzelfall besonderer, ins Auge fallender Gründe. Derartige, für das Vorliegen eines hinsichtlich des Arbeitsaufwandes oder der Kosten deutlich unterdurchschnittlichen Falles sp...