RVG § 10
Leitsatz
Ist eine Satzrahmengebühr abzurechnen, muss der Anwalt in seiner Rechnung auch den Gebührensatz angeben. Fehlt die Angabe des Gebührensatzes, entspricht die Rechnung nicht den Anforderungen des § 10 RVG, sodass die zugrunde liegende Vergütung nicht einforderbar ist.
LG Freiburg, Urt. v. 4.10.2010 – 8 O 338/09
1 Sachverhalt
Der Beklagte hatte sich von dem klagenden Anwalt beraten lassen. Abzurechnen war noch nach Nr. 2100 VV in der Fassung des RVG von 2004. Vorgesehen war also eine Gebühr aus dem zugrunde liegenden Gegenstandswert, die einen Satzrahmen von 0,1 – 1,0 vorsah.
Der Anwalt hatte wie folgt abgerechnet:
Gegenstandswert, mehr als 3 Mio. EUR |
VV |
EUR |
Ratsgebühr |
2100 |
6.890,76 |
19 % Umsatzsteuer |
7008 |
1.309,24 |
Zwischensumme |
|
8.200,00 |
./. Zahlung v. 12. 1. 2009 |
|
700,00 |
Gesamt |
|
7.500,00 |
Die Parteien stritten im Wesentlichen über die Berechtigung der Forderung, insbesondere, darüber, ob der Beklagte darüber belehrt worden ist, dass nach Gegenstandswert abzurechnen ist. Unter anderem stritten sie aber auch darüber, ob die Rechnung ordnungsgemäß sei.
Das LG hat die Klage als zurzeit unbegründet abgewiesen.
2 Aus den Gründen
I. Der Kläger hat derzeit jedenfalls alleine schon deswegen keinen Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung, weil einem solchen Vergütungsanspruch, sofern er gegeben sein sollte, gegenwärtig die Einforderbarkeit fehlt.
1. Wie bereits die BRAGO unterscheidet das RVG zwischen der Entstehung, der Fälligkeit und der Einforderbarkeit der Vergütung. Die Forderung wird nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG bereits fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Einforderbar hingegen ist die Vergütung von Mandanten erst dann, wenn der Rechtsanwalt eine den Anforderungen des § 10 Abs. 1 und 2 RVG genügende Vergütungsberechnung dem Mandanten mitgeteilt hat (Mayer/Kroiß/Mayer, RVG, 4. Aufl. 2009, § 10 Rn 1).
2. Die Rechnung des Klägers genügt nicht den Anforderungen, die an eine Vergütungsberechnung zu stellen sind.
Die inhaltlichen Anforderungen an die Berechnung bestimmt § 10 Abs. 2 RVG. Danach sind in der Berechnung die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert zu berechnen sind, auch diese anzugeben.
§ 10 Abs. 2 RVG enthält zwar keine ausdrückliche Angabe, ob auch der Gebührensatz anzugeben ist, nach dem Sinn und Zweck der Regelung gehört bei Rahmengebühren jedoch auch die Angabe des angewendeten Gebührensatzes zu den inhaltlichen Angaben, die die Berechnung enthalten muss.
§ 10 Abs. 2 RVG verpflichtet zur Transparenz der Abrechnung. Die Norm dient dazu, zu gewährleisten, dass der Mandant diejenigen Informationen erhält, die er benötigt, um erkennen zu können, welche Leistung er bezahlen soll und welche Berechnungsansätze der Rechnung zugrunde gelegt werden. Bei einer Rahmengebühr nach § 14 RVG hat der Anwalt an Hand der in § 14 Abs. 1 RVG aufgeführten Bemessungskriterien die Rahmengebühr zu bestimmen. Die Ausübung der Bestimmung erfolgt durch Erklärung des Rechtsanwalts gegenüber dem Mandanten; sie besteht üblicherweise in der Mitteilung der Gebührenrechnung gem. § 10 RVG (Mayer/Kroiß/Meyer, RVG, 4. Aufl., 2009, § 14 Rn 49).
Aus diesen Gründen des Erfordernisses der Nachvollziehbarkeit der Rechnung kann auf die Angabe des Gebührensatzes bei der Anwendung einer Rahmengebühr nicht verzichtet werden (Mayer/Kroiß/Mayer, § 10 Rn 13; AnwK-RVG/N. Schneider, 4. Aufl., § 10 Rn 21). Erst durch die Angabe des Gebührensatzes wird deutlich, welcher konkrete Gebührensatz aus dem Gebührenrahmen gewählt wurde.
Diesen Anforderungen genügt die Rechnung des Klägers nicht. Der bei der Ratsgebühr gewählte Gebührensatz wurde nicht angegeben. Bei der Ratsgebühr nach Nr. 2100 VV a.F. handelte es sich um eine Rahmengebühr zwischen 0,1 und 1,0. Für den Beklagten ist mangels Angabe des gewählten Satzes die Rechnung nicht transparent und nachvollziehbar.
II. Da die Klage aus den unter I. genannten Gründen zur Zeit unbegründet ist, kann dahingestellt bleiben, ob dem Kläger der geltend gemachte Anspruch grundsätzlich zusteht. …
Mitgeteilt von Rechtsanwalt Klaus Winkler, Kenzingen
3 Anmerkung
Die zutreffende Entscheidung ist zwar noch zur Beratungsgebühr nach alter Fassung ergangen. Sie hat nach wie vor jedoch überall dort Bedeutung, wo Satzrahmen abgerechnet werden, also z.B. bei der Geschäftsgebühr der Nr. 2300 VV oder der Prüfungsgebühr nach Nr. 2100 VV.
Bei Satzrahmengebühren genügt nicht die bloße Angabe des Gebührentatbestands, der Nummer des Vergütungsverzeichnisses sowie des Betrags, da dann für den Auftraggeber die Abrechnung nicht prüfbar ist.
Bei festen Gebührensätzen mag es sich anders verhalten, weil dann aus der Angabe der Gebührenvorschrift und der Nummer bereits der abgerechnete Gebührensatz folgt und der Auftraggeber an Hand der Gebührentabelle feststellen kann, ob richtig gerechnet worden ist.
Bei Satzrahmengebühren ist dies a...