Der Fall, dass eine Partei im Rechtsstreit einen anderen Anwalt beauftragt als zuvor im selbstständigen Beweisverfahren, wird immer wieder nach den Grundsätzen des "Anwaltswechsels" beurteilt. Dies ist meines Erachtens unzutreffend. Es liegt kein Anwaltswechsel vor. Das selbstständige Beweisverfahren und das Hauptsacheverfahren sind zwei verschiedene Angelegenheiten, sodass auch zwei verschiedene Aufträge zugrunde liegen. Es wird also nicht der Anwalt gewechselt; es wird vielmehr für das Folgeverfahren ein anderer Anwalt beauftragt.

Insoweit sind meines Erachtens auch die Grundsätze des Anwaltswechsels nicht ohne Weiteres zu übertragen.

Eine Partei muss durchaus das Recht haben, nach Abschluss eines Beweisverfahrens frei zu entscheiden, welchen Anwalt sie in einem weiteren Verfahren beauftragen will.[1]

Entsprechendes ist auch für die Geschäftsgebühr anerkannt. Beauftragt eine Partei außergerichtlich einen anderen Anwalt als im nachfolgenden Rechtsstreit, kann sie sowohl die volle Geschäftsgebühr als auch die volle Verfahrensgebühr anrechnungsfrei erstattet verlangen.[2] Dann kann aber für die Beauftragung eines anderen Anwalts nach einem selbstständigen Beweisverfahren nichts anderes gelten.

Norbert Schneider

[1] So allerdings OLG Hamburg AGS 2008, 259 = OLGR 2007, 275 = MDR 2007, 559 = RVGreport 2008, 392; OLG Hamm OLGR 2002, 412; OLG Koblenz AGS 2002, 164 = Rpfleger 2002, 281.
[2] BGH AGS 2010, 52 = MDR 2010, 293 = DAR 2010, 177 = Rpfleger 2010, 240 = zfs 2010, 220 = JurBüro 2010, 190 = RVGprof. 2010, 37 = FamRZ 2010, 370 = RVGreport 2010, 109 = VRR 2010, 118 = Info M 2010, 143 = BRAK-Mitt 2010, 83 = AnwBl 2010, 295.

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