Das AG Halle meint unter anderem, dass weder für das anwaltliche Akteneinsichtsgesuch noch für die vorgenommene Akteneinsicht die Geschäftsgebühr Nr. 2503 VV anfalle. Demgegenüber ist das AG Rostock[1] der Auffassung, dass auch die Vornahme der Akteneinsicht die Festsetzung der Geschäftsgebühr Nr. 2503 VV rechtfertige.

Bei der Entscheidungsfindung sind zwei Fragen auseinanderzuhalten. In einem ersten Schritt ist zu klären, ob der anwaltliche Auftrag auf eine Beratung oder eine Vertretung gerichtet ist. Steht dies fest, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob in dem Beratungsmandat die Beratungsgebühr (Nr. 2501 VV) bzw. im Vertretungsmandat die Geschäftsgebühr (Nr. 2503 VV) entstanden ist.

Die Abgrenzung zwischen einem Beratungsmandat und einem Vertretungsmandat ist oftmals schwierig. Regelmäßig entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung ist, ob der Anwalt aufgrund des ihm erteilten Mandats nach außen hin tätig werden soll.[2] Abzugrenzen ist also nach dem Auftrag und nicht nach der konkret ausgeführten anwaltlichen Tätigkeit.[3] Tritt indes der Anwalt nach außen hervor, kann dies ein sicheres Zeichen für einen Auftrag zur Vertretung sein.[4] Von einem Beratungsmandat wird nicht (mehr) auszugehen sein, wenn der Auftrag zur Beratung damit verbunden ist, dass der Anwalt zur sachgerechten Beratung von Dritten Informationen einholen soll bzw. muss.[5] Denn die Informationsbeschaffung ist eine Tätigkeit des Anwalts, bei der er nach außen, d.h. gegenüber Dritten, auftritt. Die anwaltliche Aufgabe erschöpft sich nicht mehr ausschließlich in der Beratung gegenüber dem Mandanten. Entsprechend liegt es auch für ein Akteneinsichtsgesuch gegenüber der Akten führenden Stelle. Damit geht einher, dass in aller Regel Akteneinsichtsgesuche mit einer Vertretungsanzeige nebst Vorlage einer Vollmachtsurkunde verbunden sind.

Im Vertretungsmandat führt das Akteneinsichtsgesuch zur Entstehung der Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 VV. Gem. Anm. Abs. 1 zu Nr. 2503 VV entsteht die Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information oder die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags. Hierzu gehören auch das Akteneinsichtsgesuch und die Akteneinsicht. Entgegen der Auffassung des AG Halle entsteht die Geschäftsgebühr Nr. 2503 VV nicht erst durch "eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Sache". Eine solche Auslegung wird bereits dem Begriff der Information aus Anm. Abs. 1 zu Nr. 2503 VV nicht gerecht. So dient die genommene Akteneinsicht der Information des Anwalts. Die Akteneinsicht und das Akteneinsichtsgesuch als Instrumente der Informationsbeschaffung dienen gleichzeitig dem Betreiben des Geschäfts. Das Betreiben des Geschäfts i.S.d. Anm. Abs. 1 zu Nr. 2503 VV wird einhellig dahingehend verstanden, dass durch die Gebühr sämtliche Tätigkeiten abgegolten werden, die zur sachgemäßen Bearbeitung des Mandats erforderlich sind.[6] Eine sachgerechte anwaltliche Vertretung bedarf auch der Kenntnis der zugrunde liegenden Tatsachen, also auch derjenigen Tatsachen, die Inhalt einer behördlichen Akte sind.

RiAG Peter Fölsch, Kiel

[1] AGS 2011, 192.
[2] AnwK-RVG/Onderka, 6. Aufl., 2012, § 34 RVG Rn 18.
[3] AnwK-RVG/Onderka, § 34 RVG Rn 18.
[4] Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 19. Aufl., 2010, § 34 RVG Rn 14.
[5] So z.B. AnwK-RVG/Onderka, § 34 RVG Rn 18.
[6] AnwK-RVG/Onderka, Vorbem. 2.3 VV Rn 33; vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, Nr. 2300, 2301 VV Rn 13; Hartmann, KostG, 42. Aufl. 2012, Nr. 2300 VV Rn 11.

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