Einführung

Die Prozesskosten- und die Beratungshilfe stehen vor weitreichenden und grundlegenden Reformen. Insbesondere für die Beratungshilfe steht mit dem wohl zum 1.1.2014[1] in Kraft tretenden neuen Gesetz die umfangreichste Veränderung seit dem Bestehen des Gesetzes (1981) an. Im Fokus der Reform steht eine gestärkte Verlässlichkeit auf das Gesetz, indem Zweifelsfragen geklärt und unbestimmte Rechtsbegriffe konkretisiert werden sollen und – natürlich – die Kostenreduktion. Über den Referentenentwurf des Gesetzes wurde zwar bereits referiert.[2] Zwischenzeitlich lag indes ein konkreter Gesetzesentwurf vor. Der Gesetzesentwurf vom 14.11.2012[3] hinsichtlich eines Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts enthält in Nuancen Abweichungen gegenüber dem Referentenentwurf. Auf Grundlage des Gesetzesentwurfs hat der Bundestag überdies zwischenzeitlich am 16.5.2013 die Annahme des Gesetzentwurfs auf Basis der Drucksache 17/11472, jedoch in der geänderten Fassung gem. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, beschlossen.[4] Die Reform wird daher wohl zum 1.1.2014 kommen.[5] Auch die Beschlussempfehlung des RA des BTenthält in wesentlichen Punkten Abweichungen vom bisherigen Gesetzesentwurf. Zudem soll vorliegend der Schwerpunkt auch auf die bislang unbehandelten Fragen, insbesondere auf die Auswirkungen auf die anwaltliche Gebührenabrechnung gelegt werden. Dabei soll der Schwerpunkt der Betrachtung auf dem BerHG liegen, wo allerdings auch auf die Veränderungen der PKH eingegangen werden muss. Zu guter Letzt soll auch kommentiert werden, ob die gewünschten Ziele zum Greifen nahe liegen, oder ob doch auch weiterhin ungeklärte (Streit-)Fragen bleiben.

[1] Am 16.5.2013 hat der Bundestag den Gesetzesentwurf – in der Fassung des Rechtsausschusses – beschlossen.
[2] Lissner, Rpfleger 2012, 501.
[3] BT-Drucks 17/11472.
[4] http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/135/1713538.pdf.
[5] Der Rechtsausschuss des Bundesrates hat diesem mit deutlicher Mehrheit empfohlen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das Gremium trifft seine Entscheidung am 7.6.2013. Das Ergebnis war daher bei Abfassung noch nicht bekannt. Sollte der Vermittlungsausschuss angerufen werden, kann sich alles noch verzögern oder erledigen.

I. Eingangsthese

Die Reform der Beratungs- und Prozesskostenhilfe stellt gleichermaßen Zuckerbrot und Peitsche für die Anwaltschaft dar. Mehr Gebührensicherheit, neue Wege der Vergütungsabrechnung und eine Klärung bestehender Ungewissheiten – so die erste Annahme vieler Rechtsanwälte zum neuen Beratungshilferecht. Doch stellen die neuen Regelungen – im Verbund mit der PKH – wirklich paradiesische Zustände dar? Erörtern wir die Grundvorhaben und entscheiden Sie dann selbst.

II. Die Ziele

Der Gesetzesentwurf setzt sich zum Ziel, durch die Rspr. notwendig gewordene Neuerungen auch gesetzlich umzusetzen. Ein Beispiel dazu dürfte die Erweiterung der beratungshilferechtlichen Gebiete auf das Steuerrecht sein, welches de facto aufgrund einer BVerfG-Entscheidung[6] bereits Anwendung findet. Daneben sollen die bisherigen Länderinitiativen[7] zur Reform der Prozesskosten- und Beratungshilfe im Kern wieder aufgenommen werden, die sich in erster Linie eine Kostenreduktion der in den letzten Jahren stark gestiegenen Haushaltsausgaben zum Ziel gesetzt haben.[8] Schlussendlich soll die Beratungshilfe zudem wieder auf ein von Verfassung wegen gebotenes Maß zurückgeführt, sollen unkonkrete Rechtsbegriffe fixiert und das anwaltliche Gebührenrisiko stark reduziert werden. Die Überprüfung der Bewilligungsvoraussetzungen soll vereinfacht werden und Anreize geschaffen werden, die Staatskasse durch Erfolgshonorare zu entlasten. Die Zielsetzungen erscheinen auf den ersten Blick recht vielversprechend. Erst auf einen zweiten Blick hin erkennt man, welch neues Streitpotential hinter den beabsichtigten Regelungen zum einen steckt, zum anderen in welchem Ausmaß bisherige Privilegien (unnötig) aufgegeben werden.

[7] ZB BT-Drucks 16/1994; 17/1216; 17/2164.
[8] Fn 4.

III. Eine notwendige Reform?

Betrachtet man die Ausgaben der Beratungs- und Prozesskostenhilfe[9] in den letzten Jahren, erkennt man, dass die Ausgaben nicht weiter angestiegen sind, sondern in den letzten fünf Jahren in etwa stagnieren. Ein größerer Anstieg war nur in den Jahren zuvor zu verzeichnen.[10] Dieser starke Anstieg kann aber seine Ursachen auch in anderen Begleiterscheinungen haben. Etwa der Wechsel von der bisherigen BRAGO zum RVG, durch das eine nicht unerhebliche Kostensteigerung zu verzeichnen war. Die neuen Regelungen zum SGB II (Hartz IV) sowie eine steigende Arbeitslosigkeit können ebenfalls als Gründe herangezogen werden. Vergessen werden darf ebenfalls nicht, dass sich auch die Zeiten verändert haben. Die Bürger sehen sich in den letzten Jahren durchaus Problemen gegenüber, die zuvor nicht oder nicht in dem Ausmaße vorhanden waren. Als Beispiel dürfen Problematiken rund um die neuen Medien wie Internet angeführt werden. Durch eine zudem gesteigerte Medienlandschaft werden die Bürger zuneh...

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