ZPO §§ 66, 101 Abs. 1 RVG VV Nr. 1000
Leitsatz
- Für den Prozessbevollmächtigten des Streithelfers fällt eine Einigungsgebühr nur an, wenn der Streithelfer in dem Vergleich eine eigene Verpflichtung übernimmt bzw. für oder gegen ihn ein Recht begründet wird.
- Es genügt auch nicht eine im Vergleich getroffene Vereinbarung über die Kosten der Streithilfe, wenn diese Vereinbarung keine Abweichung von der gesetzlichen Regelung vorsieht, sondern nur die in § 101 Abs. 1 ZPO enthaltene Regelung wiedergibt (entgegen OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.12.2011 – I-24 W 106/11, JurBüro 2012, 301 u. v. 26.8. 2008, I-10 W 53/08, AGS 2008, 589).
OLG München, Beschl. v. 16.1.2013 – 11 W 1896/12
1 Sachverhalt
Im Termin zur mündlichen Verhandlung schlossen die Parteien mit Zustimmung der Streithelfer vor dem OLG einen widerruflichen Vergleich, der von der zum Widerruf berechtigten Beklagten nicht widerrufen wurde. Dieser Vergleich enthält folgende Regelung:
"2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 92 % und die Beklagte 8 %."
3. Die Beklagte trägt 8 % der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer. Ihre sonstigen außergerichtlichen Kosten tragen die Streithelfer selbst.“
Daraufhin beantragten die Streithelfer u.a. auch die anteilige Festsetzung war eine 1,3-Einigungsgebühr für den in der Berufungsinstanz abgeschlossenen Vergleich.
Das LG setzte antragsgemäß fest.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Beklagte gegen den Ansatz der Einigungsgebühr. Diese sei für die Streithelfer nicht angefallen, da sie an der Einigung nicht beteiligt gewesen seien.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Das OLG hat ihr stattgegeben.
2 Aus den Gründen
Die geltend gemachte Einigungsgebühr kann in die Berechnung des Erstattungsbetrages nicht einbezogen werden, weil eine Mitwirkung der Streithelfer i.S.v. Nr. 1000 VV am Abschluss des Vergleichs nicht vorliegt.
1. Der Rechtspfleger stützt die Festsetzung der Einigungsgebühr auf die in der Sitzungsniederschrift gewählte Formulierung, wonach die Parteien mit Zustimmung der Streithelfer den Vergleich schlossen. Eine derartige Zustimmung zum Vergleichsabschluss genügt nicht für das Anfallen einer Einigungsgebühr bei den Streithelfern.
Nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 1000 VV entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Die auf die Herbeiführung der Einigung gerichtete Tätigkeit des Rechtsanwalts muss mindestens mitursächlich für das Zustandekommen der Einigung gewesen sein. Dem Rechtsanwalt des Streithelfers erwächst eine Einigungsgebühr, wenn er selbst an der Entstehung des Vertrages mitwirkt, z.B. für die Partei der Einigung beitritt oder zu einem Vergleichsvorschlag sein Einverständnis erklärt, außerdem muss aber zusätzlich eine Regelung hinsichtlich eines Rechtsverhältnisses des Streithelfers erfolgen (s. Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., VV 1000 Rn 283). Danach fällt für den Prozessbevollmächtigten des Streithelfers eine Einigungsgebühr nur dann an, wenn der zwischen den Prozessparteien abgeschlossene Vergleich auch einen seinem Auftraggeber zuzurechnenden Gegenstand im Verhältnis zu einer oder beiden Parteien regelt (Senatsbeschl. v. 15.12.2004 – 11 W 2863/04 sowie v. 17.1.2007 – 11 W 3075/06; OLG Koblenz MDR 2002, 296[= AGS 2002, 99]). Es genügt nicht, dass der Rechtsanwalt des Streithelfers bei dem Vergleich der Parteien nur mitgewirkt hat. Auch der Umstand allein, dass der Nebenintervenient vom Vergleich mittelbar betroffen sein kann, reicht nicht aus (s. Gerold/Schmidt, a.a.O., Rn 102).
Im vorliegenden Fall wurde vor dem OLG München allein eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten zugunsten des Klägers geregelt. Die Streithelfer sind keinerlei eigene Verpflichtungen eingegangen, ein Recht für oder gegen sie wurde nicht begründet. Eventuelle Rückgriffsansprüche der Beklagten gegen die Streithelfer wären allenfalls als mittelbare Betroffenheit zu bewerten. Die bloße Zustimmung der Streithelfer zu dem Vergleichsabschluss erfüllt nicht die Voraussetzungen, an die das Anfallen einer Einigungsgebühr geknüpft ist.
2. Auch die im Vergleich zugunsten der Streithelfer getroffene Kostenregelung löst keine Einigungsgebühr aus, auch nicht nach dem Wert der den Streithelfern entstandenen Kosten (s. OLG Koblenz a.a.O.). Die Regelung der Nebeninterventionskosten im Vergleich enthält keine Abweichung von der sich aus dem Gesetz ergebenden Kostenfolge nach § 101 Abs. 1 ZPO. Der Kostenerstattungsanspruch der Streithelfer folgt vielmehr als gesetzliche Folge aus §§ 101, 98 ZPO der vergleichsweisen Kostenregelung der Hauptparteien, eine Regelung, die auch gelten würde, wenn die Kostenregelung bezüglich der Nebenintervenienten nicht in den Vergleich aufgenommen worden wäre (BGH NJW 2011, 3721[= AGS 2012, 84]; Senatsbeschl. v. 15.12.2004 – 11 W 2863/04 m.w.Nachw.). Bei dieser Sachlage ergibt sich aus der Einbeziehung der Streithelfer in die Kostenabsprache der Hauptparteien keine vergleichsweise Regelung eines Rechtsverhältnisses der Streithel...