RVG §§ 56 Abs. 2 S. 3, 33 Abs. 3 RVG VV Nrn. 1000, 1003
Leitsatz
- Streiten die Kindeseltern über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder und treffen sie dann in diesem Verfahren eine vorläufige Regelung über den Aufenthalt der Kinder bis zur Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens, so löst dies noch keine Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 VV aus.
- Der Verstoß gegen die Obliegenheit, keine vermeidbaren Kosten zu verursachen ist im VKH-Festsetzungsverfahren zu beachten und kann zum Wegfall der zuviel verursachten Gebühren und Auslagen führen (hier: Einleitung mehrerer Kindschaftssachen bei Geschwistern).
OLG Hamm, Beschl. v. 2.1.2013 – 6 WF 254/12
1 Sachverhalt
Die Antragstellerin hatte mit Schriftsatz vom 7.2.2011 beantragt, ihr die elterliche Sorge für das minderjährige Kind U zu übertragen. Gleichzeitig hat sie die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe beantragt, die ihr auch bewilligt worden ist. Den Verfahrenswert hat das FamG auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 7.2.2011 hat die Antragstellerin im Parallelverfahren beantragt, ihr die elterliche Sorge für das Kind M zu übertragen. Auch in jenem Verfahren ist der Antragstellerin Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Den Verfahrenswert hat das FamG ebenfalls auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
In beiden Verfahren haben die Beteiligten dann eine vorläufige Regelung über den Aufenthalt der Kinder bis zur Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens getroffen.
Hiernach beantragte der der Antragstellerin beigeordnete Rechtsanwalt seine Vergütung auf jeweils 810,99 EUR festzusetzen. Neben der Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr hat er dabei auch eine Einigungsgebühr nach Nr. 1003 VV in Höhe von 189,00 EUR in Ansatz gebracht. Das FamG hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt.
Die dem Antragsgegner beigeordnete Rechtsanwältin hatte beantragt, ihre Vergütung auf 586,08 EUR festzusetzen. Auch diese Vergütung hat das FamG antragsgemäß festgesetzt.
Gegen die Festsetzung der Vergütung hat die Landeskasse Erinnerung eingelegt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin gegen das Gebot kostensparender Verfahrensführung verstoßen habe, indem er für beide Kinder gesonderte Sorgerechtsanträge gestellt hat. Auch sei eine Einigungsgebühr nicht entstanden. Die Beteiligten hätten lediglich eine bloße Zustimmung zu der vom Gericht beabsichtigten Verfahrensweise erklärt.
Bei der Festsetzung zugunsten von der Rechtsanwältin des Antragsgegners sei zu beachten, dass nur eine Terminsgebühr angefallen sei, da beide Verfahren in einem Termin gemeinsam verhandelt worden seien. Es sei deshalb nur eine Terminsgebühr bei einem zusammengerechneten Wert von 6.000,00 EUR entstanden.
2 Aus den Gründen
1. Die Festsetzung des AG zugunsten des Rechtsanwaltes ist dahingehend zu korrigieren, dass insgesamt ein Betrag von 693,18 EUR festzusetzen ist.
a) Der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin hat durch die Einleitung getrennter Verfahren gegen das Gebot der kostensparenden Verfahrensführung verstoßen.
Grundsätzlich kann ein solcher Verstoß nach der std. Rspr. des Senats auch noch im Vergütungsfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden, und zwar auch dann, wenn für die getrennten Verfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde (vgl. Senat, Beschl. v. 30.10.2008, FamRZ 2009, 362). Ein Anspruch gegen die Staatskasse ist nämlich immer dann ausgeschlossen, wenn der Rechtsanwalt einen Gebührenanspruch gegen die Partei – wäre nicht Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden – aus Rechtsgründen nicht durchsetzen könnte. Grundsätzlich kann ein Mandant dann die Zahlung verweigern, wenn ein Schadensersatzanspruch gegen den Verfahrensbevollmächtigten besteht, weil dieser überflüssige Gebühren verursacht hat. Ein Rechtsanwalt kann nur solche Gebühren verlangen, die ohne das pflichtwidrige Verhalten angefallen wären.
Im vorliegenden Fall hat der Verfahrensbevollmächtigte mit zwei getrennten Schriftsätzen Sorgerechtsverfahren betreffend die Kinder U und M eingeleitet. Nach der std. Rspr. des Senats ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Beteiligter, der die Kosten selbst zu tragen müsste, ein einheitliches Verfahren anstrengen würde, wenn es um die Sorge für die gemeinsamen Kinder geht. Dass im vorliegenden Fall eine abweichende Beurteilung erforderlich wäre, ist nicht ersichtlich. Dass bei den Kindern unterschiedliche Aspekte zu prüfen sind, schon wegen ihres unterschiedlichen Alters, trifft auf fast alle Fälle zu. Schon durch die gemeinsame Verhandlung wird deutlich, dass es auch im vorliegenden Fall Parallelen gab.
b) Eine Einigungsgebühr ist nicht entstanden.
Nach Nr. 1003 VV entsteht in Kindschaftssachen eine Einigungsgebühr auch für die Mitwirkung an einem gerichtlich gebilligten Vergleich (§ 156 Abs. 2 FamFG) und an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder wenn die Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt.
Im vorliegenden Fall haben die...