RVG § 11 Abs. 5

Leitsatz

Ist die Verrechung wechselseitiger Forderungen streitig, hindert dies die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG.

Sächsisches OVG, Beschl. v. 12.4.2013 – 5 C 8/12

1 Sachverhalt

Die Antragsteller, die die Antragsgegnerin, im Normenkontrollverfahren vertreten hatten, beantragten, die Vergütung festzusetzen, die ihnen für ihre Tätigkeit in dem Verfahren zustehe.

Die Antragsgegnerin widersprach dieser Forderung. Sie habe mit Rechnungsnummer 01-1792008 eine Forderung gegen die Antragsteller geltend gemacht, die deren Vergütungsforderung in Höhe von 2.278,85 EUR übersteige. Die Antragsteller führten dagegen aus, dass sich am 10.2.2012 bei ihnen der Geschäftsführer der Antragsgegnerin gemeldet und angegeben habe, dass die Honoraransprüche dadurch befriedigt worden seien, dass die Antragsgegnerin auf der Grundlage entsprechender Vereinbarungen den Antragstellern Mandate vermittelt und Reisetätigkeiten im Rahmen dieser Vermittlungstätigkeiten erbracht habe. Solche Absprachen habe es aber zwischen den Antragstellern und der Antragsgegnerin nicht gegeben.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des OVG lehnte den Vergütungsfestsetzungsantrag der Antragsteller unter Hinweis auf § 11 Abs. 5 RVG ab.

Zur Begründung der Erinnerung, die die Antragsteller gegen diesen Beschluss einlegten, tragen sie vor, dass sie die Antragsgegnerin in einem Staatshaftungsverfahren vor dem LG Berlin in erster Instanz vertreten würden, eine Interessengemeinschaft von ebenfalls Staatshaftungsgeschädigten aber nicht gebildet worden sei. Es gebe keine Absprache aus dem Jahre 2009 zwischen den Antragstellern und der Antragsgegnerin bezüglich der Abgeltung von angeblich erbrachten Kilometerleistungen im Zusammenhang mit der Akquisition von Mandanten durch die Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin habe den Antragstellern eine Rechnung v. 17.9.2008 zugeleitet, in der diese eine Kostenerstattung von 3.998,40 EUR geltend gemacht habe. Die Rechnung enthalte einen Zusatz, mit folgendem Inhalt:

"Wir bitten um Begleichung des Rechnungsbetrages in Höhe von 3.998,40 EUR abzüglich Ihrer Restforderung aus Kostenrechnung v. 15.8.2008 Aktenzeichen 00162/08 in Höhe von 3.760,00 EUR Restbetrag 238,40 EUR."

Die Antragsgegnerin lege nunmehr eine ohne diesen Zusatz versehene Rechnung in Kopie vor. Bei der Herstellung der Fotokopie durch die Antragsgegnerin sei der Zusatz erkennbar/nachweisbar und mit Absicht abgedeckt worden. Die Antragsgegnerin berufe sich mit dem genannten Zusatz auf eine Kostenvorschussnote der Kanzlei der Antragsteller vom 15.8.2008, welche als Kostenrechnung bezeichnet und von einer Pauschalvereinbarung gesprochen habe. Diese Vereinbarung sei aber nicht zustande gekommen.

Bei den Ausführungen der Antragsgegnerin handele es sich im Übrigen um sogenannte Haltloseinwendungen, die dem Vergütungsfestsetzungsantrag nicht entgegengehalten werden könnten.

2 Aus den Gründen

Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet. Der Festsetzung der Vergütung der früheren Antragsbevollmächtigten steht gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG entgegen, dass die Antragsgegnerin Einwände erhoben hat, die nicht im Gebührenrecht gründen, und keine Fallgestaltung vorliegt, in der solches Vorbringen ausnahmsweise als unbeachtlich behandelt werden kann.

Nach § 11 Abs. 1 S. 1 RVG ist die gesetzliche Vergütung auf Antrag des Rechtsanwalts durch das Gericht des ersten Rechtszuges festzusetzen, soweit sie zu den Kosten des gerichtlichen Verfahrens gehört. Bei dem Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG handelt es sich um ein vereinfachtes zivilrechtliches Verfahren zwischen dem Rechtsanwalt und der von ihm vertretenen Partei bzw. dem von ihm vertretenen Beteiligten. Das Vergütungsfestsetzungsverfahren als vereinfachtes Verfahren soll aber nicht mit der Prüfung schwieriger zivilrechtlicher Fragen belastet werden. Daher ist nach § 11 Abs. 5 S. 1 RVG die Festsetzung abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen und Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Stellen sich neben rein gebührenrechtlichen Fragen auch zivilrechtliche Probleme, wird der Anwalt durch § 11 Abs. 5 S. 1 RVG darauf verwiesen, seinen Vergütungsanspruch zivilgerichtlich geltend zu machen. Nach dieser Bestimmung genügt die bloße Erhebung einer nicht gebührenrechtlichen Einwendung, um die Festsetzung der anwaltlichen Vergütung im vereinfachten Verfahren – dem Vergütungsfestsetzungsverfahren – auszuschließen. Es ist nicht erforderlich, dass die Einwendung oder Einrede inhaltlich näher substantiiert oder gar schlüssig dargelegt wird. Der vertretenen Partei bzw. dem vertretenen Beteiligten ist vom Gesetz die Möglichkeit eingeräumt, durch die bloße Berufung auf nicht gebührenrechtliche Einwendungen das Erwirken eines Titels im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG auszuschließen. Etwas anderes kann anknüpfend an den Rechtsgedanken der missbräuchlichen Rechtsausübung nur dann gelten, wenn die nicht gebührenrechtliche Einwendung "aus der Luft gegriffen", also offensichtlich haltlos ist bzw. ohne jeden konkreten tatsächlichen Anha...

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