RVG VV Nr. 3104
Leitsatz
In Kindschaftssachen entsteht auch dann eine Terminsgebühr, wenn ohne den vorgeschriebenen Erörterungstermin entschieden wird.
AG Auerbach, Beschl. v. 13.9.2012 – 3 F 105/12
1 Sachverhalt
In einem vom Kindesvater eingeleiteten Umgangsverfahren, in dem dieser vom Erinnerungsführer vertreten wurde, erklärten die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt, weil die Eltern eine eigene Vereinbarung getroffen hatten. Zu einem Erörterungstermin ist es deshalb nicht mehr gekommen. Dieser war nicht mehr notwendig.
Mit seinem Antrag auf Kostenfestsetzung beantragte der Erinnerungsführer u.a. die Festsetzung einer 1,2-Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV. Mit Beschluss des AG wurden Kosten festgesetzt, ohne Berücksichtigung dieser geltend gemachten Terminsgebühr. Zur Begründung verwies der Rechtspfleger darauf hin, dass ein Termin tatsächlich nicht stattgefunden hat und auch die sonstigen Alternativen der Nr. 3104 VV nicht vorlägen. In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit seien mündliche Verhandlungen gar nicht vorgeschrieben. Eine Übertragung auf die dort stattfindenden Erörterungstermine sei nicht zulässig.
Dagegen wurde vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers Erinnerung eingelegt. Zur Begründung der Terminsgebühr wurde angeführt, dass verschiedene Besprechungen zwischen den Verfahrensbeteiligten (Kindeseltern) stattgefunden hätten, die zur Elternvereinbarung geführt hätten. Das sei für die Entstehung der Terminsgebühr ausreichend.
Der Erinnerung hatte vor dem Richter Erfolg, nachdem der Rechtspfleger nicht abgeholfen hatte.
2 Aus den Gründen
Die Festsetzung einer Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV setzt voraus, dass im Einverständnis mit den Beteiligten nicht mündlich verhandelt wurde und auch sonst kein Beteiligter angehört wurde, dass aber für das betreffende Verfahren die mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. So liegt der Fall hier. Zwar gibt es in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich keine mündliche Verhandlung, sondern es werden Erörterungstermine durchgeführt. Auch berücksichtigt das Gericht, dass der Gesetzgeber diese Formulierung nach Einführung des FamFG nicht in die Rechtsanwaltsvergütungsvorschriften aufgenommen hat. Vom Sinn und Zweck her ist jedoch darauf abzustellen, ob tatsächlich ein mündlicher Termin stattzufinden hat. Hier muss im Rahmen der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterschieden werden zwischen den Terminen, die "durchgeführt werden sollen" (§§ 157 Abs. 1, 207, 151 Abs, 1 FamFG) und solchen, die notwendig durchzuführen sind (§ 155 Abs. 2 FamFG). Im vorliegenden Verfahren handelt es sich um eine Kindschaftssache nach § 151 ff. FamFG. Hier ist die Durchführung eines Erörterungstermins zwingend vorgeschrieben. Damit liegt ein vergleichbarer Tatbestand vor zu der Tatsache, dass eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Das Gericht hält die Anwendung von Nr. 3104 VV für angemessen (OLG Rostock JurBüro 2012, 192 [= AGS 2011, 588]; OLG Dresden, Beschl. v. 26.7.2012 [= AGS 2012, 459]). Somit sind dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers aus der Staatskasse weitere 269,89 EUR festzusetzen, §§ 45, 48 Abs. 2, 49 RVG. Diese setzen sich zusammen aus 1,2-Terminsgebühr in Höhe von 226,80 EUR netto zuzüglich Umsatzsteuer von 19 %, zusammen 269,89 EUR.
3 Anmerkung
Insoweit nach dem FamFG eine Erörterung nicht vorgesehen ist, entsteht in dem Fall, in dem das Gericht ohne mündliche Erörterung oder Anhörung entscheidet, auch keine Terminsgebühr, weil es sich nicht um Verfahren mit obligatorischer mündlicher Verhandlung oder Erörterung handelt. In Sorgerechtsverfahren "soll" das Gericht aber nicht ohne mündlichen Erörterungstermin entscheiden. Das Verfahrensrecht sieht zwar eine "mündliche Verhandlung" nicht vor, weil in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht mündlich verhandelt, sondern gem. § 32 FamFG erörtert wird. Die Erörterung in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit steht aber der Verhandlung in den sonstigen Verfahren gleich, sodass die Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV anwendbar ist.
Die gesetzliche Formulierung "soll" ist so auszulegen, dass das Gericht mündlich erörtern muss, wenn einer der Beteiligten dies beantragt. Nur wenn alle Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden sind, darf das Gericht ohne Erörterungstermin entscheiden, anderenfalls muss es einen Termin bestimmen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auch für die in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit tätigen Anwälte einen Anreiz schaffen wollte, auch in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit den obligatorischen Erörterungstermin durch Zustimmung zu einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren entbehrlich zu machen. Allein diese Auslegung führt zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren und einer Entlastung der Gerichte, sodass das FamG die Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV zutreffend entsprechend angewendet und eine Terminsgebühr gewährt hat, auch wenn seine Auffassung nicht der überwiegenden Meinung in der Rspr. entsp...