FamGKG § 38
Leitsatz
Der Wert eines so genannten steckengebliebenen Stufenantrags bemisst sich auch dann nach dem höheren Wert des Leistungsantrags, wenn sich das Verfahren erledigt, bevor es zu einer Bezifferung des Leistungsantrags gekommen ist. In diesem Fall ist der (höhere) Wert des Leistungsantrags nach dem objektiven Vorbringen des Antragstellers zu schätzen.
OLG Köln, Beschl. v. 25.1.2013 – 4 WF 151/12
1 Aus den Gründen
Die Wertfestsetzung beruht auf § 38 FamGKG. Danach ist in Fällen eines Stufenklageantrags für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höchste, maßgebend. Dies ist regelmäßig der in der Zahlungsstufe geltend gemachte Leistungsantrag. Kommt es zu dessen Bezifferung im gerichtlichen Verfahren nicht mehr (sogenannte steckengebliebene Stufenklage), ist der Wert nach der ursprünglichen Leistungserwartung zu bemessen (OLG Jena, Beschl. v. 30.7.2012 – 1 WF 396/12; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.2.2012 – 15 WF 78/12[= AGS 2012, 298]; OLG Stuttgart FamRZ 2012, 393 [= AGS 2012, 33]; OLG Hamm, Beschl. v. 26.10.2010 - 2 WF 249/10 [= AGS 2012, 194]; OLG Brandenburg FamRZ 2007, 71). Anzusetzen ist auf dieser Grundlage die nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beschwerdeführer antragsgegnerseits mit E-Mail vom 21.9.2011 geäußerte Leistungserwartung von 6.048,50 EUR. Maßgeblich ist die Leistungserwartung der Antragsgegnerin, weil sie einen Antrag auf Auskunft und Zugewinnausgleich gestellt hat. Demgegenüber sind die Vorstellungen des Antragstellers wertmäßig irrelevant. Sie führen weder zu einer Addition noch in sonstiger Weise zu einer Erhöhung, weil sich der Antragsteller in der güterrechtlichen Folgesache auf Beantragung der Zurückweisung der Anträge der Antragsgegnerin beschränkt und keinen darüber hinausgehenden eigenen Sachantrag eingebracht hat.
Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes in Höhe der vollen Leistungserwartung steht nicht in Widerspruch zur höchstrichterlichen Rspr. Soweit der BGH nämlich für den Fall der steckengebliebenen Stufenklage den Ansatz eines zwischen 1/10 und 1/4 liegenden Teilwertes fordert (BGH, Beschl. v. 12.10.2011 – XII ZB 127/11, FamRZ 2011, 1929), handelt es sich um Ausführungen zur Bemessung der Beschwer im Rahmen der Überprüfung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels, wofür die allgemeinen Vorschriften gelten (vgl. Herget, in: Zöller, Kommentar zur ZPO, 29. Aufl. 2012, § 3 ZPO Rn 16, Stichwort "Auskunft").
Für eine Übertragung dieser Grundsätze auf die Festsetzung des Gebührenstreitwertes ist dagegen angesichts der spezialgesetzlichen Regelung des § 38 FamGKG kein Raum.
Von der im Einzelrichterbeschluss des Senats v. 23.3.2012 (4 WF 10/12) vertretenen Auffassung, für den Gebührenstreitwert der steckengebliebenen Stufenklage in Familienstreitsachen sei ein zwischen 1/10 und 1/4 liegender Teilbetrag der Leistungserwartung anzusetzen, rückt der Senat demgemäß ab.
2 Anmerkung
Die Entscheidung des OLG ist zutreffend und entspricht mittlerweile auch der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung und der Literatur. Neben den vom OLG zitierten Entscheidungen haben auch OLG Celle und OLG Hamm gleichlautend entschieden. Das OLG Köln hat sich auf der Grundlage der Entscheidung auch von seiner bisher abweichenden Auffassung distanziert und offenbart, dass es insoweit von einer unzutreffenden Abgrenzung der Begriffe "Beschwer" und "Gebührenstreitwert" ausgegangen war.
Kommt es nicht mehr zur Bezifferung der Leistungsstufe, muss stets ein Wert angesetzt werden. Das folgt daraus, dass der Leistungsantrag mit Einreichung bereits anhängig geworden und die Bewertung gemäß § 34 FamGKG zu diesem Zeitpunkt vorzunehmen ist. In den Fällen, in denen es nicht mehr zur Bezifferung der Leistungsstufe kommt, muss der Wert geschätzt werden. Maßgebend sind die objektiven Umstände, wie sie sich aus der Antragsschrift ergeben. Es kommt nicht auf die Erkenntnisse nach Abschluss des Verfahrens, sondern auf die Erwartung des Antragstellers bei seiner Einleitung an.
Ergeben sich aus der Antragsschrift keine Anhaltspunkte für die Erwartung des Antragstellers und kann dieser auch gem. § 53 FamGKG keine konkreten Angaben machen, so ist gem. § 42 Abs. 3 FamGKG der Regelwert von 3000 EUR anzunehmen.
Rechtsanwältin und FAFamR Lotte Thiel, Koblenz