Quod licet iovi, non licet bovi.
Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig.
Ob es dazu allerdings der analogen Anwendung des § 11 Abs. 4 RVG bedarf, mag dahinstehen. Zutreffend erscheint die unmittelbare Anwendung des § 148 ZPO, in den man sich die Wertung des § 11 Abs. 4 ZPO hineinlesen kann. Konsequenterweise muss man dann auch im Vergütungsprozess aussetzen, wenn der Streitwert eines anderen Verfahrens vorgreiflich ist.
Der BGH hat daher zu Recht die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Sache an das OLG zurückverwiesen, damit dieses aussetzt und zunächst das Wertfestsetzungsverfahren abwartet.
Allerdings fragt man sich, warum dies nicht auch für den BGH gilt.
Bislang hat der BGH nämlich nicht ausgesetzt, sondern vorgreifliche Werte in eigener Kompetenz selbst "festgesetzt".
So hat der BGH in seiner Entscheidung vom 25.9.2008 – VII ZB 99/07, in der es um die vorgreifliche Frage ging, ob im Ausgangsverfahren eine nicht beschiedene Hilfsaufrechnung zur Werterhöhung führe, kurzerhand selbst entschieden, anstatt die Wertfestsetzung dem Erkenntnisgericht zu überlassen.
In seiner Entscheidung vom 10.3.2011 – VII ZB 3/10, ging es um die Frage, ob die Werte mehrerer Forderungspfändungen zusammenzurechnen seien. Auch hier hat der BGH die Parteien nicht auf das vorgreifliche Wertfestsetzungsverfahren nach § 33 RVG verwiesen, sondern die Sache kurzerhand selbst entschieden.
Beiden vorgenannten Entscheidungen haftet insoweit der Makel an, dass der BGH grundsätzlich nicht zur Überprüfung von Streitwertentscheidungen berufen ist (§ 33 Abs. 4 S. 3 RVG; §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG; §§ 59 Abs. 1 S. 5, 57 Abs. 7 FamGKG; §§ 83 Abs. 1 S. 5, 81 Abs. 3 S. 3 GNotKG). Dies ist Sache der Instanzgerichte.
Streng genommen hätte hier der IX. Senat sogar beim VII. Senat anfragen müssen, ob er an seiner Rechtsauffassung festhalte, und notfalls den Großen Senat anrufen müssen.
Es ist zu hoffen, dass nunmehr auch die übrigen Senate, insbesondere der VII. Senat, das getrennte System der Wertfestsetzung und der Kostenfestsetzung verstanden haben und sich künftig eigener Wertannahmen enthalten und die Wertfestsetzung denjenigen Gerichten überlassen, die dafür zuständig sind.
Aber auch die beteiligten Anwälte haben sich hier nicht mit Ruhm bekleckert. Sie hätten bereits viel früher einmal die Wertfestsetzung vor dem zuständigen Gericht und die Aussetzung des Kostenfestsetzungsverfahrens beantragen sollen.
Norbert Schneider
AGS 5/2014, S. 246 - 248