Leitsatz
- Vom Mieter erhobenen Feststellungsklagen, die sich auf die Feststellung des Fortbestandes des Mietverhältnisses richten, ist der Jahreswert der vereinbarten (Netto-)Miete für die Bemessung des Gebührenstreitwertes zugrunde zu legen; ein Feststellungsabschlag ist nicht vorzunehmen, unabhängig davon, ob die Klage als positive oder negative Feststellungsklage formuliert ist.
- Betrifft die Feststellungsklage mehrere Kündigungen, erhöht dies den Gebührenstreitwert nicht.
LG Berlin, Beschl. v. 13.2.2014 – 67 T 20/14
1 Sachverhalt
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin begehrt mit seiner Streitwertbeschwerde die Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung. Er ist der Auffassung, sein auf Feststellung der Unwirksamkeit einer außerordentlichen sowie einer hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung gerichteter Klageantrag sei mit der Nettokaltmiete für zwei Jahre ohne Feststellungsabschlag zu bemessen. Das AG hatte den Streitwert zuvor mit dem Jahresbetrag abzüglich eines 20 %igen Feststellungsabschlags bemessen.
Das Amtsgericht hat der Streitwertbeschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Die Streitwertbeschwerde hatte teilweise Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Streitwertbeschwerde ist gem. § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 GKG zulässig, insbesondere ist die Mindestbeschwer des § 68 Abs. 1 S. 1 GKG erreicht und die Frist der §§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG gewahrt. Sie hat in der Sache zum Teil Erfolg.
Der Gebührenstreitwert für den Feststellungsantrag war auf 5.677,20 EUR (12 x 473,10 EUR) festzusetzen. Der Wert einer auf Feststellung des Fortbestands des Mietverhältnisses gerichteten Antrags richtet sich nach § 41 Abs. 1 GKG. Im Interesse der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Wertbemessung hat der Gesetzgeber in dem für den Zuständigkeits- und Beschwerdewert maßgeblichen § 8 ZPO – ebenso wie für die Bemessung des Gebührenstreitwertes in § 41 Abs. 1 GKG – ein sehr weites Anknüpfungsmerkmal gewählt ("Streit über Bestehen oder Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses"). Solche Streitigkeiten werden regelmäßig und typischerweise in Form von Feststellungsklagen ausgetragen. Schon seinem Wortlaut nach zielen die vorgenannten Vorschriften in erster Linie auf Feststellungsklagen ab. Deshalb ist für die Bewertung eines Feststellungsantrages, der das Bestehen oder die Dauer eines Miet- oder Pachtverhältnisses zum Gegenstand hat, kein Abschlag vorzunehmen, unabhängig davon, ob es sich um einen positiven oder negativen Feststellungsabschlag handelt (BGH, Beschl. v. 29.10.2008 – XII ZB 75/08, GuT 2008, 464 [= AGS 2009, 183]).
Unbegründet ist die Streitwertbeschwerde jedoch insoweit, als mit ihr geltend gemacht wird, die ebenfalls zum Gegenstand des Feststellungsantrags erhobene – und lediglich hilfsweise ausgesprochene – ordentliche Kündigung rechtfertige eine weitere Erhöhung des Streitwertes. Denn wegen der bei der Bemessung des Gebührenstreitwertes zugrunde zu legenden wirtschaftlichen Betrachtung erhöht sich der Gebührenstreitwert nicht dadurch, dass die Feststellungsklage mehrere Kündigungen zum Gegenstand hat (KG, Beschl. v. 12.1.2012 – 8 W 31/11, NZM 2012, 535 [= AGS 2012, 48]).
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist in beiden Punkten zutreffend.
Klagen auf Feststellung eines Miet- oder Pachtverhältnisses sind ohnehin schon privilegiert. Ein weiterer Feststellungsabschlag kommt daneben nicht in Betracht. Es gilt hier das Gleiche wie beim Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert nach § 8 ZPO.
Wird eine Feststellungs- oder Räumungsklage auf mehrere Kündigungen gestützt, ist die Anzahl der Kündigungen unerheblich, da sie – anders als im Arbeitsrecht – nicht Streitgegenstand sind.
Norbert Schneider
AGS 5/2014, S. 235 - 236