Leitsatz
- Hat der Antragsteller seinem Antrag auf Gewährung von PKH eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen beigefügt, so ist der Antrag entscheidungsreif gestellt.
- Hat das Gericht das Verfahren getrennt, so entsteht ein neuer, gesondert durch Endurteil zu entscheidender Prozess. Dementsprechend hat das Gericht neue Akten anzulegen. Hat das Gericht hierbei dem neu eingetragenen Klageverfahren nur eine Kopie der bisherigen Schriftsätze, nicht aber eine Kopie auch der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt, so wirkt sich ein solches Organisationsverschulden des Gerichts nicht zum Nachteil des Klägers aus. Dementsprechend ist in beiden Verfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren.
- Prozesskostenhilfe kann nur für die Prozessführung verlangt werden. Darunter ist nur das eigentliche Streitverfahren zu verstehen, nicht auch das Verfahren der Prozesskostenhilfe. Für dieses selbst kann deshalb Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 17.1.2014 – L 1 KR 536/13 B
1 Sachverhalt
Die Klägerin hatte mit Klageschrift vom 14.7.2012, eingegangen beim SG am 26.7.2012, Klage sowohl gegen die "TK-Krankenversicherung" als auch gegen die "TK-Pflegeversicherung" erhoben. Das SG hat dieses Klageverfahren unter dem Aktenzeichen S 17 P 93/12 eingetragen und damit als pflegeversicherungsrechtliches Verfahren erfasst. Mit der Klageschrift vom 14.7.2012 hat die Klägerin zugleich für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer prozessbevollmächtigten Rechtsanwältin beantragt. Dem Antrag auf Prozesskostenhilfe war eine vollständig ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin (ebenfalls) vom 14.7.2012 nebst Belegen gem. § 117 Abs. 2 S. 1 u. Abs. 3 ZPO i.V.m. § 73a Abs. 1 S. 1 SGG beigefügt. Danach hatte die Klägerin monatliche Einkünfte aus einer Altersrente (331,89 EUR) sowie aus einem Nießbrauchrecht (185,35 EUR). Diese Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin nebst Belegen wurde in einer Prozesskostenhilfe-Nebenakte abgeheftet; diese wurde als Beiheft zum Klageverfahren geführt.
Mit richterlicher Verfügung vom 12.9.2009 wurde angeordnet, dass der "Rechtsstreit auch als KR-Verfahren einzutragen" sei, also als krankenversicherungsrechtliches Klageverfahren. Dieses weitere Klageverfahren wurde unter dem Aktenzeichen S 3 KR 476/12 eingetragen und dort eine Kopie der bisherigen Schriftsätze beigefügt. Die Prozesskostenhilfe-Nebenakte wurde nicht kopiert und verblieb bei dem Verfahren S 17 P 93/12.
In dem Klageverfahren S 3 KR 476/12 wurde am 15.10.2012 verfügt, der Prozessbevollmächtigten der Klägerin Prozesskostenhilfe-Unterlagen zu übersenden. Mit Schriftsatz vom 19.10.2012 hat diese darauf hingewiesen, dass sie bereits in dem Parallelverfahren S 17 P 93/12 mit der Klageerhebung eine umfassende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin abgegeben habe. Es werde um Prüfung gebeten, ob diese Erklärung auch für das vorliegende Verfahren genutzt werden könne. Sodann wurden aus dem Verfahren S 17 P 93/12 die Gerichtsakte, die dort beigezogene Verwaltungsakte sowie die dortige Prozesskostenhilfe-Nebenakte beigezogen. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin wurde mit Verfügung vom 9.11.2012 um Mitteilung gebeten, ob die im Verfahren S 17 P 93/12 "eingereichten PKH-Unterlagen weiterhin aktuell sind und auch für dieses Verfahren gelten sollen". Mit Schriftsatz vom 2.1.2013 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erwidert, die "PKH-Unterlagen (seien) – bis auf Kleinigkeiten – noch aktuell". Mit Telefax vom 9.7.2013 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin um Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfe gebeten. Die Klägerin beziehe mittlerweile ergänzende Sozialhilfeleistungen. Es wurde ein Leistungsbescheid des Sozialamtes u.a. vom 24.6.2013 beigefügt. Dieser berücksichtigte als monatliches Einkommen der Klägerin ein Altersruhegeld (321,60 EUR) sowie Einkünfte aus Kapitalvermögen (185,35 EUR).
Das SG hat der Klägerin daraufhin Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren für die Zeit erst ab dem 9.7.2013 bewilligt.
Die hiergegen erhobene Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
1. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des SG ist zulässig. Insbesondere ist das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Zwar fallen in dem vorliegenden sozialgerichtlichen Klageverfahren nur Rahmengebühren an. Die Klägerin hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass bei der Bemessung der Höhe der Verfahrensgebühr zu Lasten der Klägerin nur Tätigkeiten ihrer Rechtsanwältin in der Zeit ab dem 9.7.2013 im Rahmen der Prozesskostenhilfe berücksichtigt werden könnten.
Die Beschwerde ist auch begründet. Das SG hat der Klägerin zu Unrecht Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren erst ab dem 9.7.2013 bewilligt. Die Klägerin kann die Bewilligung von Prozesskostenhilfe b...