Leitsatz
- Die Behauptung der fehlenden Beauftragung eines Rechtsanwalts hat nach § 11 Abs. 5 S. 1 RVG grundsätzlich zur Folge, dass die Vergütungsfestsetzung abzulehnen und ein bereits ergangener Vergütungsfestsetzungsbeschluss aufzuheben ist. Dies gilt aber nicht, wenn die Einwendung offensichtlich aus der Luft gegriffen ist, weil sich aus den aktenkundigen Schreiben und Unterlagen zweifelsfrei ergibt, dass der Mandant den Rechtsanwalt bevollmächtigt und beauftragt hat. Dies gilt ebenso für die Behauptung der Schlechterfüllung.
- Die nur sehr geringen Anforderungen an die Erhebung nichtgebührenrechtlicher Einreden oder Einwendungen bedingen, dass der pauschale Hinweis, es stünden nichtgebührenrechtliche Einwendungen im Raum, nicht bereits zur Anwendung des § 11 Abs. 5 S. 1 RVG führt. Die Vergütungsfestsetzung ist erst dann abzulehnen, wenn das Vorbringen erkennen lässt, dass der Erinnerungsführer seine Einrede oder Einwendung auf konkrete, tatsächliche Umstände stützt, die einen Bezug auf die Besonderheiten des konkreten Falles aufweisen und jedenfalls im Ansatz die Möglichkeit erkennen lassen, dass der Anspruch des Rechtsanwaltes aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet sein könnte.
- Eine nichtgebührenrechtliche, offensichtlich unbegründete – mithin haltlose – Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gem. § 49b BRAO wegen der Rüge der Verletzung der Aufklärungspflichten kann der Festsetzung der Vergütung gem. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG nicht entgegengehalten werden.
- Aus der im Erinnerungsverfahren gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sinngemäß anzuwendenden Aussetzungsregelung des § 11 Abs. 4 RVG folgt, dass in diesem Verfahren nicht über den Gegenstandswert zu entscheiden ist. Die danach notwendige Aussetzung des Erinnerungsverfahrens bei Einwendungen gegen den Gegenstandswert ist auch im Hinblick auf das Gebot des gesetzlichen Richters angezeigt.
FG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 21.3.2013 – 5 KO 121/13
1 Sachverhalt
Die Beteiligten des Erinnerungsverfahrens streiten um den Anspruch des Erinnerungsgegners auf Vergütung seiner Tätigkeiten für die Erinnerungsführerin im Zusammenhang mit dem unter dem Aktenzeichen 5 K 1/10 (vormals: 4 K 1/10] geführten finanzgerichtlichen Rechtsstreit.
Die Erinnerungsführerin erhob mit dem von dem Erinnerungsgegner verfassten und von ihm an das Gericht übersandten Schriftsatz vom 17.7.2008 Klage wegen der Einkommensteuer 2000 und 2001. Diesem Schriftsatz fügte der Erinnerungsgegner die ihm von der Erinnerungsführerin erteilte Vollmacht bei. Diese von der Erinnerungsführerin unter dem 15.7.2008 unterschriebene Vollmacht erstreckt sich gem. Nr. 1 des Textes dieser Vollmachtserklärung auf die gesamte Prozessführung (u.a. nach den §§ 81 ff. ZPO) einschließlich der Befugnis zur Erhebung und Zurücknahme von Widerklagen.
Mit Schriftsatz vom 5.9.2008 erweiterte der Erinnerungsgegner die Klage und machte für die Erinnerungsführerin nunmehr auch die Festsetzung der Einkommensteuer 2002 zum Streitgegenstand. Diesem Schriftsatz fügten der Erinnerungsgegner das Original der ihm von der Erinnerungsführerin unter dem 3.9.2008 zur Einkommensteuer 2002 erteilten Vollmacht bei. Auch diese Vollmacht erstreckt sich gem. Nr. 1 des Textes dieser Vollmachtserklärung auf die gesamte Prozessführung (u.a. nach den §§ 81 ff. ZPO) einschließlich der Befugnis zur Erhebung und Zurücknahme von Widerklagen.
Am 27.7.2010 führte die seinerzeit zuständige Berichterstatterin einen nichtöffentlichen Erörterungstermin durch, an dem die Erinnerungsführerin persönlich teilnahm und von dem (dem Erinnerungsgegner angehörenden) Rechtsanwalt M. begleitet wurde. In dem Protokoll ist Rechtsanwalt M. als "ihr" Prozessbevollmächtigter, d.h. als Verfahrensbevollmächtigter und -vertreter der Erinnerungsführerin aufgeführt. Nach dem Protokoll über den nichtöffentlichen Erörterungstermin hat die Erinnerungsführerin in diesem Termin der Beratung, Unterstützung und Vertretung durch den anwesenden Rechtsanwalt M. nicht widersprochen.
Am 27.4.2012 führte die seinerzeit zuständige Berichterstatterin einen weiteren nichtöffentlichen Erörterungstermin durch, an dem die Erinnerungsführerin wiederum persönlich teilnahm und wiederum von dem (dem Erinnerungsgegner angehörenden) Rechtsanwalt M. begleitet wurde. In dem Protokoll ist Rechtsanwalt M. als "ihr" Prozessbevollmächtigter, d.h. als Verfahrensbevollmächtigter und -vertreter der Erinnerungsführerin, aufgeführt. Nach dem Protokoll über den nichtöffentlichen Erörterungstermin hat die Erinnerungsführerin in diesem Termin der Beratung, Unterstützung und Vertretung durch den anwesenden Rechtsanwalt M. nicht widersprochen.
Mit Schreiben vom 8.8.2012 zeigte der Erinnerungsgegner dem Gericht an, dass er das Mandat mit an die Erinnerungsführerin gerichtetem Schreiben vom selben Tage niedergelegt habe, und legte dazu eine Kopie dieses an die Erinnerungsführerin gerichteten Schreibens vor. Aus dieser Kopie geht hervor, dass der Erinnerungsführerin mit diesem Schreiben auch eine Abschlusskostennote übersandt wurde.
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