Leitsatz
Die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist, sind der obsiegenden Partei ohne Notwendigkeitsprüfung zu erstatten.
LG Gera, Beschl. v. 5.6.2013 – 2 O 1640/11
1 Sachverhalt
Der Beklage zu 2) hatte sich vor dem LG Gera durch eine Anwältin aus Rudolstadt, das noch im Landgerichtsbezirk Gera liegt, vertreten lassen. Nach Abweisung der Klage beantragte er die Festsetzung seiner Kosten, darunter auch der Reisekosten seiner Rechtsanwältin (Fahrtkosten zu 0,30 EUR gem. Nr. 7003 VV nebst Tage- und Abwesenheitsgeld gem. Nr. 7005 VV), zuzüglich Umsatzsteuer.
Der Rechtspfleger hat die geltend gemachten Reisekosten abgesetzt und dies damit begründet, dass eine am eigenem Gerichtsort verklagte Partei die Reisekosten ihres weder am Gerichts-, noch Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwaltes nur beanspruchen könne, wenn dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich sei. Das sei hier nicht der Fall gewesen.
Hiergegen richtet sich Erinnerung des Beklagten zu 2), mit der er sich gegen die vorgenommene Kürzung der Fahrtkosten und des Abwesenheitsgeldes seiner Rechtsanwältin wendet und darauf hinweist, dass gem. § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO bei einem im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwalt keine Kürzung vorzunehmen sei.
Die Erinnerung, der der Rechtspfleger nicht abgeholfen hat, hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Dem Beklagten zu 2) steht dem Grunde nach ein Kostenerstattungsanspruch hinsichtlich der Reisekosten seiner Prozessbevollmächtigten zu. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwaltes, der im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist, der obsiegenden Partei zu erstatten und zwar ohne dass eine Notwendigkeitsprüfung stattzufinden hat (LG Krefeld, Beschl. v. 30.11.2010 – 5 O 384/09, Rn 1 und 2; Schneider in Prütting/Gehrlein, ZPO, 4.Aufl., § 91 Rn 5; Schneider, NJW-Spezial 2011, 603). Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2) ist in Rudolstadt ansässig und damit im Bezirk des Prozessgerichtes niedergelassen.
Der Rechtsauffassung, wonach bei Beauftragung eines innerhalb des Gerichtsbezirkes auswärtigen Rechtsanwaltes eine Kostenerstattung nur erfolgen könne, wenn sich die Zuziehung des Anwaltes als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig erweist (Schulz in Müko-ZPO, 4. Aufl., § 91 Rn 65), vermag nicht zu überzeugen. Soweit angeführt wird, dass der Gesetzgeber das hier gefundene Ergebnis bei der Neufassung des § 92 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 ZPO ausweislich der Gesetzesbegründung (BT- Drucks. 15/1971, S. 233) nicht gewollt habe (Schulz a.a.O.), ist dem entgegen zu halten, dass der Wortlaut des § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO, wie schon erwähnt, eindeutig ist und eine Notwendigkeitsprüfung daher contra legem wäre. Mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke kommt auch die von Schulz a.a.O. befürwortete analoge Anwendung des § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO nicht in Betracht.
Soweit sich der zuständige Rechtspfleger des LG in dem angefochtenem Kostenfestsetzungsbeschluss auf einen Beschluss des BGH v. 20.12.2011 – XI ZB 13/11) bezieht, ist dieser nicht einschlägig, da die dort rechtsbeschwerdeführende Partei einen Rechtsanwalt außerhalb ihres Landgerichtsbezirks hinzugezogen hatte.
3 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Ebenso
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LG Krefeld, |
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VG Würzburg, |
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AG Limburg, |
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AG Siegburg. |
Norbert Schneider
AGS 5/2014, S. 251