Leitsatz
- Werden in einem einstweiligen Anordnungsverfahren weitere nicht anhängige Familiensachen vergleichsweise miterledigt, so führt dies nicht zur Anhebung des Verfahrenswerts. Vielmehr ist für die mitverglichenen Familiensachen ein Vergleichsmehrwert festzusetzen.
- Soweit für die mitverglichenen Familiensachen eine endgültige Regelung getroffen wird, ist der Hauptsachewert anzunehmen.
- Soweit für die nicht anhängigen Familiensachen lediglich eine vorläufige Regelung getroffen wird, ist vom hälftigen Hauptsachewert auszugehen.
OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.11.2014 – 10 WF 123/14
1 Sachverhalt
Zwischen den Beteiligten war ein einstweiliges Anordnungsverfahren betreffend die elterliche Sorge anhängig. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben sie sich über eine vorläufige Regelung zur elterlichen Sorge geeinigt. Darüber hinaus haben sie gleichzeitig auch vergleichsweise eine vorläufige Umgangsregelung getroffen und eine endgültige Regelung über die Zuweisung der Ehewohnung für die Trennungszeit. Das FamG hat den Wert des Verfahrens auf 1.500,00 EUR festgesetzt. Dabei ist es gem. § 41 S. 2 FamGKG vom hälftigen Regelwert des § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG ausgegangen. Einen Mehrwert für den Vergleich hatte das Gericht nicht festgesetzt. Die hiergegen erhobene Verfahrenswertbeschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin hatte teilweise Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Beschwerde ist nur teilweise begründet. Eine Anhebung kommt allein in Bezug auf den Wert des Vergleichs, und insoweit nur, soweit die Wohnungszuweisung betroffen ist, in Betracht.
Hinsichtlich der bei der Wertfestsetzung zu beachtenden Grundsätze kann auf die zutreffenden Ausführungen in der Nichtabhilfeentscheidung des AG verwiesen werden. Der Senat teilt die Auffassung des AG, dass hinsichtlich des Werts für das einstweilige Anordnungsverfahren betreffend die elterliche Sorge Umstände, die eine Anhebung über den Regelwert von 1.500,00 EUR gem. §§ 41, 45 Abs. 1 FamGKG rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich sind. Auch hat das AG, soweit durch den Vergleich der Streit der Eltern über das Sorgerecht erledigt worden ist, zutreffend ausgeführt, dass nicht allein deshalb, weil nun ein etwaiges Hauptsacheverfahren hinsichtlich der elterlichen Sorge entbehrlich geworden ist, ein höherer Vergleichswert als 1.500,00 EUR gerechtfertigt wäre.
Korrektur bedarf die Entscheidung des AG nur, soweit es um den geschlossenen sogenannten Mehrvergleich geht. Soweit im einstweiligen Anordnungsverfahren eine gütliche Regelung gefunden wird, die andere Verfahrensgegenstände mit einbezieht, kommt grundsätzlich in Betracht, für diese Gegenstände den vollen Wert anzusetzen. Die Vorschrift des § 41 FamGKG, die für das einstweilige Anordnungsverfahren regelmäßig die Ermäßigung des Werts auf die Hälfte der Hauptsache vorsieht, findet grundsätzlich keine Anwendung. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.
Soweit es die Umgangsregelung betrifft, hat das AG nachvollziehbar dargelegt, dass lediglich eine "rudimentäre" Regelung vorliegt. Insoweit kann wegen der Vorläufigkeit der Regelung angenommen werden, dass der Verfahrenswert, wie er für ein Umgangsregelungsverfahren im Wege der einstweiligen Anordnung angezeigt wäre, nämlich 1.500,00 EUR, gerechtfertigt ist.
Anders verhält es sich hinsichtlich der Wohnungszuweisung. Zwar trifft die Feststellung des AG zu, dass die Vereinbarung insoweit nur eine Regelung bis zum Auszug der Mutter mit den Kindern beinhaltet. Ein konkreter Zeitpunkt, in dem der Auszug erfolgen soll, ist aber nicht festgehalten. Bis zum Auszug enthält die Vereinbarung eine konkrete Aufteilung der Ehewohnung. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass eine Regelung vorliegt, wie sie einer gerichtlichen Entscheidung nach § 1361b Abs. 1 BGB, wo auch die Zuweisung eines Teils der Wohnung zur alleinigen Benutzung vorgesehen ist, entspricht. Dann aber ist es gerechtfertigt, insoweit den vollen Wert von 3.000,00 EUR gem. § 48 Abs. 1 GKG anzusetzen, ohne eine Ermäßigung entsprechend § 41 FamGKG vorzunehmen.
Mithin ist von einem höheren Vergleichswert, nämlich einem solchen von 6.000,00 EUR (= 1.500,00 EUR für die Regelung der elterlichen Sorge + 1.500,00 EUR für die Regelung des Umgangs + 3.000,00 EUR für die Regelung zur Ehewohnung) auszugehen.
3 Anmerkung
Ein Mehrwertvergleich im einstweiligen Anordnungsverfahren hat keinen Einfluss auf die Höhe des Verfahrenswerts. Der Mehrwert eines späteren Vergleichs kann auch nicht im Rahmen des § 41 S. 1 FamGKG beim Kriterium der Bedeutung der Sache berücksichtigt werden, da die Bedeutung gem. § 34 FamGKG zum Zeitpunkt der Antragseinreichung zu beurteilen ist.
Werden nicht anhängige Gegenstände in einem einstweiligen Anordnungsverfahren mitverglichen – und dazu gehört insbesondere auch ein Mehrwertvergleich über die Hauptsache –, dann ist für den Vergleich, soweit er über den Verfahrensgegenstand hinausgeht, ein gesonderter Wert festzusetzen, aus dem sich dann die jeweiligen Gebühren berechnen.
Im Ausgangsfall war es daher zutreffend, für das einstweilige Anordnungsv...