Soweit in einem gerichtlichen Verfahren ein Vergleich über weitergehende, im Verfahren nicht anhängige Gegenstände geschlossen wird, hat das Gericht einen Vergleichsmehrwert festzusetzen, da daraus die 0,25-Vergleichsgebühr nach Nr. 1900 GKG-KostVerz., Nr. 1500 FamGKG-KostVerz. oder Nr. 17005 GNotKG-KostVerz. erhoben wird. Ist das Gericht der Auffassung, der Vergleich habe keinen Mehrwert, dann wird entweder ein solcher Wert nicht festgesetzt oder sogar deklaratorisch ausgesprochen, dass der Vergleich keinen Mehrwert habe.

Setzt das Gericht einen Wert fest, so ist dieser Wert nach § 32 Abs. 1 RVG auch für die beteiligten Anwälte, Parteien und sonstigen Beteiligten bindend. Im Gegenzug steht ihnen die Möglichkeit offen, die gegebenen Rechtsbehelfe und Rechtsmittel gegen diese Wertfestsetzung einzulegen (§ 32 Abs. 2 RVG). Ist aber einmal rechtskräftig festgesetzt, dann bindet dies alle Beteiligten.

Ist der vom Gericht festgesetzte Mehrwert eines Vergleichs unzutreffend, kann der Anwalt nicht einfach hingehen und nach dem zutreffenden Wert abrechnen; vielmehr bleibt er an die fehlerhafte Wertfestsetzung gebunden und muss nach § 68 GKG, § 57 FamGKG oder § 83 GNotKG Beschwerde oder zumindest eine Gegenvorstellung einlegen. Ist die Abänderungs- bzw. Beschwerdefrist des § 63 Abs. 3 S. 2 GKG, 55 Abs. 3 S. 2 FamGKG oder § 79 Abs. 2 S. 2 GNotKG abgelaufen, bleibt die dann rechtskräftig gewordene Wertfestsetzung maßgebend.

Die Bindungswirkung besteht aber nicht nur dann, wenn ein Wert (positiv) festgesetzt wird, sondern auch dann, wenn die Festsetzung eines Mehrwerts unterbleibt, also eine "negative Wertfestsetzung" erfolgt. Wenn das Gericht also entweder erklärt, der Vergleich habe keinen Mehrwert, oder es nur den Verfahrenswert festsetzt, ohne auch einen Mehrwert des Vergleichs festzusetzen, bindet dies dahingehend, dass kein Vergleichsmehrwert vorliegt. Der Anwalt ist dann an diese "Null-Wert-Festsetzung" gebunden.

Eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 RVG für den Gegenstandswert der Anwaltsgebühren scheidet in diesem Fall aus. Eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG ist nur dann zulässig, wenn der Wert der anwaltlichen Tätigkeit vom Wert des gerichtlichen Verfahrens abweicht. Laufen der Wert für die Gerichtsgebühr und der Wert für die Anwaltsgebühren gleich, kommt eine Wertfestsetzung nach § 33 RVG nicht in Betracht.

Wird ein Vergleich über anderweitig anhängige Gegenstände geschlossen, fällt keine Gerichtsgebühr für den Vergleich an, da die Gerichtsgebühren für einen gerichtlichen Vergleich seit Inkrafttreten des Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes ausdrücklich voraussetzen, dass der Gegenstand des Vergleichs überhaupt nicht, also auch nicht in einem anderen Verfahren anhängig ist.[1] Wohl fallen aber für den Anwalt Gebühren aus dem Mehrwert an. Gleichwohl kommt auch hier eine Wertfestsetzung für den Mehrwert des Vergleichs nicht in Betracht. Vielmehr ist es Sache des Gerichts, vor dem die mitverglichenen Ansprüche anhängig waren, deren Wert festzusetzen. Die dortige Wertfestsetzung ist dann auch für den Mehrwert des Vergleichs in dem anderen Verfahren bindend (§ 32 Abs. 1 RVG), so dass auch hier eine gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 RVG nicht zulässig ist. Insoweit muss also gegebenenfalls in dem mitverglichenen Verfahren Abänderung bzw. Beschwerde eingelegt werden. Anderenfalls sind die Anwälte und Parteien hinsichtlich des Vergleichsmehrwerts an die Wertfestsetzung des Gerichts, dessen Verfahren mitverglichen worden ist, gebunden.

Norbert Schneider

AGS 5/2015, S. 234 - 235

[1] LG Mannheim AGS 2014, 25 = NJW-Spezial 2014, 59.

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