Leitsatz
- Eine Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO lässt die zusätzliche Gebühr nach Nr. 4141 VV entstehen.
- Die Tätigkeit als bestellter Zeugenbeistand ist als Einzeltätigkeit zu vergüten.
LG Saarbrücken, Beschl. v. 6.3.2015 – 4 KLs 22/13
1 Sachverhalt
Der Erinnerungsführer war zunächst Pflichtverteidiger des Angeklagten Y. Nach Einstellung des Verfahrens hinsichtlich des Y gem. § 154 Abs. 2 StPO wurde das Verfahren zunächst gegen den Angeklagten C weitergeführt und der ehemals Angeklagte Y als Zeuge geladen. Vor Vernehmung des Zeugen Y in der Hauptverhandlung wurde der Erinnerungsführer diesem als Zeugenbeistand beigeordnet.
Der Erinnerungsführer machte nach Einstellung des Verfahrens gegen seinen Mandanten Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 969,94 EUR geltend. Nach dem Hauptverhandlungstermin im gegen den Angeklagten C weitergeführten Verfahren machte der Erinnerungsführer sodann erneut Pflichtverteidigergebühren in Höhe von 1.298,32 EUR geltend.
Das LG setzte die Gebühren hinsichtlich des ersten Antrags auf 822,38 EUR fest, wobei es entgegen dem Antrag die geltend gemachte zusätzliche Gebühr (Nr. 4141 VV) in Höhe von 124,00 EUR nicht festsetzte. Zur Begründung führte es aus, dass lediglich eine vorläufige Einstellung vorläge, die die geltend gemachte Gebühr nicht entstehen lasse.
Im Hinblick auf den zweiten Antrag setzte es die Gebühren zunächst auf 203,49 EUR inklusive Mehrwertsteuer fest. Es begründete die entgegen dem Antrag erfolgte Festsetzung damit, dass einerseits die Grundgebühr bereits festgesetzt worden und nicht erneut fällig geworden sei. Andererseits sei keine Terminsgebühr für den Hauptverhandlungstermin angefallen, da der Erinnerungsführer diesen als Zeugenbeistand wahrgenommen habe. Auch seien die Reisekosten diesbezüglich nicht erstattungsfähig.
Hiergegen legte der Rechtsanwalt Erinnerung ein. Zuvor hatte er ausgeführt, dass es sich einerseits um eine endgültige Einstellung handele und andererseits die Grundgebühr erneut anfalle, da es sich um unterschiedliche Angelegenheiten handele.
Nach Stellungnahme des Bezirksrevisors half das LG der Erinnerung in Höhe von 480,49 EUR teilweise ab, indem es die Gebühr für die Beistandsleistung nach Nr. 4301 Nr. 4 VV i.H.v. 168,00 EUR nebst den beantragten Reisekosten festsetzte. Nach weiterem Schriftsatz des Erinnerungsführers und erneuter Stellungnahme durch den Bezirksrevisor erging der Beschluss des LG, dass der Erinnerung im Übrigen nicht abgeholfen werde. Der Erinnerungsführer machte insbesondere geltend, dass für die Zeugenbeistandsleistung dieselben Gebühren wie für einen Verteidiger anzusetzen seien und wies erneut darauf hin, dass es sich bei § 154 Abs. 2 StPO faktisch um eine endgültige Einstellung des Verfahrens handele.
2 Aus den Gründen
Die Erinnerung ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet.
Zu Recht hat das LG lediglich eine Gebühr für eine Einzeltätigkeit angesetzt; lediglich hätte die zusätzliche Gebühr in Höhe von 124,00 EUR gem. Nr. 4141 VV zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV festgesetzt werden müssen.
In der Rspr. und Lit. ist die Frage der Vergütung des gem. § 68b StPO bestellten Zeugenbeistandes nach wie vor streitig. Auch das OLG München hat seine bisherige Auffassung mit Beschl. v. 7.3.2014 aufgegeben und billigt dem einem Zeugen nach § 68b StPO beigeordneten Rechtsanwalt lediglich eine Gebühr für eine Einzeltätigkeit nach Nr. 4301 Nr. 4 VV zu (Beschl. v. 7.3.2014 – 4c Ws 4/14; Aufgabe der bisherigen Rspr. auch durch das OLG Hamm, Beschl. v. 14.7.2009 – 2 Ws 159/09, zudem beispielsweise KG, Beschl. v. 11.10.2013 – 1 Ws 52/13). Dies entspricht zudem der Rspr. des Saarländischen OLG (Beschl. v. 19.1.2010 – 1 Ws 210/09 sowie 1 Ws 228/09).
Das Gericht schließt sich dieser Auffassung an. Gem. § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch nach dem Umfang der Beiordnung, die nach § 68b StPO nur für die jeweilige Dauer der Vernehmung gilt und mit der Entlassung des Zeugen endet (Meyer-Goßner/Schmidt, StPO, 57. Aufl., § 68b Rn 12). Die Beiordnung erfolgt daher nur für eine Einzeltätigkeit, die in Abschnitt 3 des 4. Teils des VV geregelt ist und die angemessene Vergütung eines Rechtsanwalts, dessen Leistung sich auf eine entsprechende Tätigkeit beschränkt, regelt.
Die durch die Vorbem. 4 Abs. 1 VV angeordnete entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Gebühren eines Verteidigers bedeutet – anders als bei Bußgeldsachen – nicht, dass der Zeugenbeistand die gleichen Gebühren wie ein Verteidiger in diesem Verfahren erhält. Insoweit weicht der Wortlaut der Vorbem. 4 Abs. 1 VV entscheidend von dem Wortlaut der Vorbem. 5 Abs. 1 VV ab. Vielmehr führt die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Gebühren des Verteidigers aufgrund der Vergleichbarkeit der Tätigkeiten zur Anwendung der Nr. 4301 Nr. 4 VV (LG Hagen, Beschl. v. 30.4.2014 – 46 KLs 24/13).
Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors ist durch die Gebühr der Nr. 4141 VV jedoch auch die Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO erfasst. Diese ist dem Wortlaut nach vorläufig, jedoch stehen einer Fortführung d...